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HNP Metalltechnik in Quedlinburg HNP Metalltechnik in Quedlinburg: Firma für Sonderwünsche

Von uwe kraus 24.04.2014, 17:40
Martin Schweigert fertigt vor allem Artikel in Kleinserie.
Martin Schweigert fertigt vor allem Artikel in Kleinserie. chris wohlfeld Lizenz

quedlinburg/MZ - „Wir haben alle großen Insolvenzen der vergangenen Jahre mitgemacht.“ Es klingt leicht sarkastisch, was Bernhard Heinrich, Geschäftsführer der Quedlinburger HNP Metalltechnik GmbH, sagt. Er zählt auf: „Plus, Schlecker, Praktiker und die Bahr-Baumärkte.“ Er gesteht: „Das lässt sich mit Neukunden nicht abfedern.“ Konstant 3,5 bis vier Millionen Euro Umsatz machte in den vergangenen Jahren das Unternehmen, das in einem schwierigen Umfeld agiert. Der Betrieb gilt als reiner Auftragsfertiger. Mit dem, was in der Magdeburger Straße von Quedlinburg hergestellt wird, ist wohl schon jeder in Verbindung gekommen, auch wenn er es nicht bewusst erlebt hat. Die HNP Metalltechnik GmbH produziert fast jeden Tag etwas anderes: Werbeträger, Verkaufshilfen, Schutzgitter und Körbe. Bernhard Heinrich weiß, 95 Prozent davon kann auch in China gemacht werden.“

Bei einem Besuch von Oberbürgermeister Eberhard Brecht, dem Fachbereichsleiter Bau, Thomas Malnati, und dem Beauftragten für Wirtschaftsförderung Henning Rode erläutert er aber auch, warum sich das Unternehmen trotzdem am Markt behaupten kann. „Wir fertigen Zubehörteile für den Ladenbau. Das ist eine Branche, in der sich alle fünf Minuten was ändert. Das ist unser Wettbewerbsvorteil. Wir können schnell reagieren.“ 43 Mitarbeiter biegen, fräsen, bedienen hochspezielle Maschinen, die nicht für jeden Auftrag benötigt werden, aber da sein müssen: Wenn ein Gummibärchen-Regal benötigt wird oder eine Kakerlakenrennbahn entstehen soll, wie der Geschäftsführer ganz besondere Kabelkanäle nennt. „Mit unserem hauseigenen Muster- und Vorrichtungsbau sind wir in der Lage, auch individuelle Produktwünsche zu erfüllen“, erklärt er.

"Es könnte sich bei uns ja mal wieder was ergeben"

Sein Musterbau gleiche einer Ideenwerkstatt. Benjamin Brunkau demonstriert dort, wie ein Plakathalter entwickelt wird. Auf die Frage des Oberbürgermeisters, wie viel Zeit denn zwischen seiner Arbeit und dem Eintreffen in den Geschäften vergehe, erfährt der, dass es ganz schnell gehen kann, so dass Tage zählen, mancher Kunde sich aber auch erst nach Monaten wieder meldet. Dass in Quedlinburg eine prima Arbeit in Entwicklung und Musterbau geleistet werde, erkennen die Kunden von Haribo über namhafte Saatgutunternehmen und Siemens, Stabilo bis Ritter Sport und Storck an. „Doch ob wir dann auch die Aufträge für die Massenproduktion bekommen, das entscheidet erst eine Ausschreibung.“

Dann müsse es aber ganz fix gehen. Bernhard Heinrich erinnert sich an einen Tengelmann-Auftrag, da habe die Belegschaft mit 80 Leuten acht Wochen Tag und Nacht gearbeitet. „Dann stocken wir mit Leiharbeitern auf. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht. Die Mitarbeiter übrigens auch. Sie melden sich bei uns, wenn sie den Verleiher wechseln; es könnte sich bei uns ja mal wieder was ergeben.“ Wie viele Unternehmer klagt Heinrich, wie schwer es sei, Auszubildende und gute Mitarbeiter zu finden. 2012 und 2013 habe er niemanden gefunden, der passte. Wer in der Pulverbeschichtung und Entfettung arbeiten will, sollte nicht unbedingt Chemie als erstes abwählen. Der Altersdurchschnitt sei hoch, er suche Nachwuchs in der Beschichtung. „Wir hatten hier auch schon einen Jungen, dem es schwer fiel zu lernen, der aber goldene Hände hat.

Da haben wir einen Betreuer eingesetzt. Da gab es jeden Tag eine Mathematikstunde im Betrieb. Und er arbeitet jetzt gut bei uns!“ Auf dem Weg zu den modernsten CNC-Drahtbiegemaschinen, mit denen HNP in der Lage ist, individuelle 2D- und 3D-Produkte herzustellen, weist Bernhard Heinrich auf drei Fotos, die das heutige Betriebsgelände zeigen. Einst gab es auf dem Gelände den VEB Metallbau, der zur bezirksgeleiteten Industrie gehörte, dessen Nachfolger HNP nicht ist. „Wir hatten hier am 15. September 1996 unseren ersten Arbeitstag, nachdem es hier eine kurze Episode der MPV-GmbH gab. Mit 25 Leuten und einer guten Auftragslage gingen wir auf gepachtetem Gelände an den Start.“ Die Arbeitsbedingungen in der manuellen Entfettung seien zum Himmel schreiend gewesen.

"Sie wiegt fast nichts, aber wir benötigen Platz"

Eine Kaltlagerhalle befand sich unter einem ausrangierten Zelt der DDR-Fla-Raketentruppen. Später verband man drei alte Landwirtschaftshallen und überdachte sie. Im März 2001 stand ein 4.000 Quadratmeter großer Hallenneubau für die Pulverbeschichtung und Entfettung. „Mit dem dadurch praktizierten Umweltschutz und der zur Wasseraufbereitung genutzten Technik galten wir als Vorreiter, auch wenn das einige Behörden nicht anerkennen wollten.“ Umgerechnet 2,2 Millionen Euro flossen bis 2000 an Investitionen, bis 2003 weitere 2,5 Millionen. „Unsere Ware ist volumig“, beschreibt es Heinrich.

„Sie wiegt fast nichts, aber wir benötigen Platz.“ Jedes Jahr investiert das Unternehmen etwa eine Viertel Million Euro neu. Wer durch die Hallen geht, sieht wo die bleiben: Ein Koordinatenschweißgerät, 3-D-Biegetechnik, ein Abkant-Automat. Nostalgisch wirkt da eine ukrainische Presse aus den Zeiten des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe, deren Verschrottung naht. „Gerade denken wir über den Ersatz unserer Pulverbeschichtungsanlage nach. Die ist noch toll in Schuss, aber es gibt eine neue Maschinen-Generation.“ Vielleicht hebt Heinrich das besonders heraus, weil ihn die Strompreise drücken. 120.000 Euro standen im Vorjahr wieder auf der Rechnung, jedes Jahr werden es so zehn Prozent mehr.

Neben Theken-Displays, Rasenmäher-Präsentationstafeln, Bio-Schokolade-Tabletts oder Malstationen bei Filmfestspielen schaut HNP auf Dinge, die schon ihre Laufzeit auf den Rädern haben. Die Firma repariert Einkaufkörbe, auch die in Frankreich, Großbritannien und Italien sowie den Benelux-Staaten. Irgendwann werden die dann wieder an Regalen, Körben und Aufstellern vorbeigeschoben und aus ihnen gefüllt. Ihnen könnten sie auf dem Quedlinburger Firmengelände schon mal begegnet sein.

Bernhard Heinrich
Bernhard Heinrich
chris wohlfeld Lizenz
Benjamin Brunkau (2.v.r.) arbeitet in der Musterentwicklung und stellt sein neuestes Produkt Oberbürgermeister Eberhard Brecht (links) vor.
Benjamin Brunkau (2.v.r.) arbeitet in der Musterentwicklung und stellt sein neuestes Produkt Oberbürgermeister Eberhard Brecht (links) vor.
chris wohlfeld Lizenz