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Harzkreis Harzkreis: Bilder für den Festsaal im Schloss

Von RITA KUNZE 10.01.2012, 19:31
Kulturamtsleiterin Bettina Fügemann, Bürgermeister Michael Knoppig und Eduard Prinz von Anhalt (v.l.) unterhalten sich auf dem Hof von Schloss Ballenstedt. (FOTO: CHRIS WOHLFELD)
Kulturamtsleiterin Bettina Fügemann, Bürgermeister Michael Knoppig und Eduard Prinz von Anhalt (v.l.) unterhalten sich auf dem Hof von Schloss Ballenstedt. (FOTO: CHRIS WOHLFELD) Urheber: Chris Wohlfeld

BALLENSTEDT/MZ. - Auf dem Hof des Ballenstedter Schlosses fährt ein weißer Kleintransporter mit Berliner Kennzeichen vor. Auf der Beifahrerseite steigt Eduard Prinz von Anhalt aus. Er zieht sich die olivgrüne Wachsjacke zurecht, setzt seinen Hut auf und bedankt sich höflich beim Fahrer für die gute Reise. Der Bürgermeister des anhaltischen Kleinstädtchens wartet schon auf den bodenständigen, volksnahen Adligen, und mit ihm der Museumsdirektor, die Kulturbeauftragte der Stadt und eine Reporterin vom Kulturradio. Denn von Anhalt hat etwas mitgebracht.

Vom Büro ins Schloss

Vier Gemälde aus dem 18. und 19. Jahrhundert haben am Dienstag einen Ortswechsel vollzogen. Aus Anlass des 800. Anhalt-Jubiläums hat sie der Prinz, der heute in Berlin lebt, in seine alte Heimat gebracht. 1941 wurde er als Sohn des letzten regierenden Herzogs von Anhalt im Schloss Ballenstedt geboren. Dort, im Festsaal, sollen die Bilder künftig zu sehen sein: Porträts von Christian I. von Anhalt-Bernburg (1568-1630) und Alexius Friedrich Christian (1767-1834) in Harnisch und ordensgeschmückter Uniform, ein Porträt des drei Jahre alten Erbprinzen Alexander Karl (1805-1863) und die älteste in Öl gemalte Landschaftsdarstellung Ballenstedts von 1729 "mit einer sehr komischen Jagdszene davor", wie von Anhalt kommentiert.

Die Bilder hingen zum Teil im Büro des Prinzen, zum Teil befanden sie sich in dessen Wohnhaus. "Ich schaue immer, wo ich noch etwas finde", sagt der Chef des Hauses Askanien, der die einst im Familienbesitz befindlichen, 1945 enteigneten und 2005 / 2006 vom Land rückübertragenen Kunstwerke gern der Öffentlichkeit überlässt: "So was gehört unters Volk."

Die Gemälde stammen vermutlich von Wilhelm und Gerhard von Kügelgen. Von Anhalt hat sie von einer Restauratorin wieder herrichten lassen, die - das betont er gern - für das berühmte Getty-Museum in Los Angeles gearbeitet hat.

Die Expertin ließ dabei die Geschichte der anhaltischen Bilder deutlich erkennen. Denn die Porträts haben ihr zeitweiliges Dasein als Volkseigentum nicht unbeschadet überstanden. In der DDR gehörten sie zum Bestand des Feudalmuseums Halle, und dort hat sie irgendjemand zurechtgestutzt. Christian I. ist regelrecht zweigeteilt. Man soll das auch sehen, betont der Prinz: "Mir ist das unverständlich, wie so etwas geschehen konnte. Die Bilder befanden sich in Volkseigentum, aberdas Volk geht doch mit seinem Eigentum nicht so um." Von Anhalt vermutet dahinter eine "ideologische Tat", wenngleich man "von Museumsmenschen erwarten würde, dass denen so etwas egal ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der mit Kunst zu tun hat, so etwas macht." Sicher hätte er die Bilder vollständig restaurieren lassen können, sagt er, aber so würden sie zum Nachdenken anregen.

Museumsdirektor Eberhard Nier pflichtet ihm bei. Im Zusammenhang mit der Ausstellung zu 800 Jahren Anhalt könne man "endlich originale Sachzeugnisse" präsentieren, und mit ihnen die Periode um 1945. Abgesehen davon "werden uns um Christian I. viele beneiden", meint er, denn der Herrscher hatte grundlegenden Einfluss auf die Geschichte Anhalts. Außerdem sei kein anderes Porträt des Fürsten bekannt. Und nun hänge es in Ballenstedt. Bürgermeister Michael Knoppik (CDU) betrachtet die Dauerleihgaben als eine Aufwertung: "Im Schloss gibt es kaum historische Gegenstände, da ist jedes Bild ein Zugewinn."

Rubens-Entwurf

Das Prunkstück freilich fehlt noch: Der Gobelin aus dem Jahre 1630 wird nachgeliefert, wenn seine Aufhängung im Festsaal angefertigt ist. Auf 30 Quadratmetern zeigt er "Die Vertreibung der Heiden aus dem Paradies", entstanden nach einem Entwurf von Peter Paul Rubens. "Der Gobelin gehört eigentlich nach Dessau", sagt von Anhalt, "denn da kommt er auch her. Im nächsten Jahr wird er vielleicht dort zu sehen sein."

Während andere Adelshäuser sich in der Region mit Rückführungsansprüchen wenig Freunde machen - in Blankenburg tobt derzeit der Streit mit dem Haus Hannover um den Braunschweiger Löwen, das Wappentier - wählt von Anhalt den anderen Weg. Ihm sei nichts geblieben als die Kunst, sagt er. Land habe er nicht zurückbekommen und auch nicht das Schloss Ballenstedt. Aber "man muss doch nach vorne schauen", sagt er energisch. "Wer Eigentümer ist, ist doch nebensächlich. Hauptsache, die Dinge sind zu sehen. Kunst muss leben, die Menschen sollen Spaß daran haben."

Das gilt auch für die vier Gemälde, die nun in Ballenstedt zu sehen sind. Es sind vier von insgesamt 5 600, die einst der Familie gehörten. 3 000 davon seien nach 1918 an den Staat gegangen, sagt von Anhalt. "Was ist mit denen passiert, wer kümmert sich darum?", fragt der Prinz, der im Internet rund 2 400 Bilder auf die Lost-art-Liste der verlorenen Kunstgegenstände gesetzt hat.