Harzer Uhrenfabrik Harzer Uhrenfabrik : Und der Kuckuck ruft wieder

Gernrode - Der Kuckuck der größten Kuckucksuhr der Welt außerhalb des Schwarzwaldes ruft bereits wieder alle Viertelstunde. Das Wasserrad vor dem riesigen Wetterhäuschen kann sich wieder drehen. Und bald sollen Gäste auch erneut die Möglichkeit haben, sich auf einen Rundgang durch die Werkstatt zu begeben, die wirkt, als sei nur kurz Pause und die Mitarbeiter würden jeden Moment ihre Arbeit wieder aufnehmen: Die Harzer Uhrenfabrik an der Lindenstraße in Gernrode hat einen neuen Eigentümer.
Christian Bertram, Unternehmer und „Gernröder Urgestein“, wie er selbst mit einem Schmunzeln sagt, hat die ehemalige Fabrik gekauft. Er will sie gemeinsam mit einem kurz vor der Gründung stehenden Verein mit neuem Leben erfüllen. „Wir wollen die Harzer Uhren für die Allgemeinheit erhalten“, sagte er.
Geöffnet ab November
Wie Jürgen Schröter, Sprecher einer Initiative zum Erhalt der Fabrik, ergänzte, sollen im November die Gaststätte und der Rundgang durch die Schauwerkstatt und Uhrenausstellung wieder eröffnet werden. „Der Rundgang ist der wichtigste Anziehungspunkt für die Besucher“, so Schröter, der darauf verweist, dass im Jahr 2009 in der Uhrenfabrik 90 000 Gäste gezählt wurden.
„Wir sind sehr froh“, sagten Henning Rode, Wirtschaftsförderer der Stadt Quedlinburg, und Gernrodes Ortsbürgermeister Manfred Kaßebaum (CDU) unisono, die sich ebenso wie Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) für das Zustandekommen einer Lösung eingesetzt hatten.
Produktion seit 1948
Seit 1948 wurden in Gernrode Uhren produziert und seit den 1970er Jahren - als einzigem Standort außerhalb von Süddeutschland - Kuckucksuhren, die vor allem in Amerika gefragt waren.
2009 hatte die Fabrik nach dem Einbruch des Exportgeschäfts Insolvenz anmelden müssen; im Sommer desselben Jahres übernahm die Firma Carl Grüttert aus Hannover das Unternehmen. Gekauft wurden damals aber nur die Neubauten an der Quedlinburger Straße; die Immobilie in der Lindenstraße wurde gemietet. Der Vertrag lief 2014 aus; Schauwerkstatt und Gaststätte wurden geschlossen.
„Seitdem gab es viele Fragen von Bürgern, wie es weitergeht“, sagte Manfred Kaßebaum. Und Jürgen Schröter hat selbst erlebt, wie enttäuscht - und auch verärgert - Gäste waren, die vor verschlossener Tür standen. „Hier müssen wir was tun“, sagte sich Schröter - und startete eine Initiative.
„Mit viel Unterstützung auch durch die Stadt Quedlinburg haben wir dem Insolvenzverwalter im März 2015 ein Angebot gemacht“, schilderte Schröter. Die Idee: Die Fabrik sollte zunächst gemietet werden, um in dieser Zeit einen Investor zu suchen, „der zu diesem Objekt passt“. Der Investor war mit Christian Bertram schnell gefunden; doch erst im Mai 2016 war alles endgültig unter Dach und Fach.
Inzwischen ist einiges geschehen: So wurde der Kuckuck wieder zum Rufen gebracht. Der soll künftig nicht nur von außen, sondern auch von innen zu sehen sein, kündigte Christian Bertram an. Wie er weiter sagte, wurde auch das Außengelände wieder hergerichtet, und ein Gaststättenbetreiber ist gefunden.
Produktion nicht mehr vorstellbar
Momentan werde der Rundgang in Ordnung gebracht, auf dem Besucher sehen könnten, wie die Uhren gefertigt wurden. „Eine Produktion kann ich mir hier derzeit nicht vorstellen“, sagt Christian Bertram. Sehr gut vorstellen können er und Jürgen Schröter sich dagegen Angebote für Kinder, für Schulen, Projekte, bei denen auch kleine Uhren gestaltet werden können.
Gedacht ist ebenso daran, in das Gebäude unter anderem ein Atelier zu integrieren, und angesprochen werden sollen Gernröder Betriebe, um sie für eine Präsentation ihrer Erzeugnisse in der Uhrenfabrik zu interessieren. Wie Jürgen Schröter sagte, soll auch das größte Thermometer der Welt, das zuletzt in der Nähe des Bahnhofs stand und derzeit aufgearbeitet wird, wieder zur Harzer Uhrenfabrik zurückkehren.
In der Hand eines Vereins
Deren Museumsbereich soll künftig in der Hand eines Vereins liegen. Es gebe viele Bürger der Stadt Gernrode und aus der Umgebung, die hier mithelfen wollen, sagte Schröter. „Wir möchten alle, die Interesse haben, dazu einladen, mitzuarbeiten“ - ganz besonders auch die ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens mit ihrem Fachwissen.
Ortsbürgermeister Manfred Kaßebaum freut sich, dass das „Kulturdreieck“ aus Stiftskirche, Alter Elementarschule und Harzer Uhrenfabrik in Gernrode erhalten und mit Leben erfüllt bleibt. Ähnlich sieht es Christian Bertram: Elementarschule, Kirche, Uhrenfabrik - das seien 500 Meter, „ein Weg, der für jeden ohne großen Aufwand zu bewältigen ist, und man hat viel zu sehen“. (mz)



