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Harz Harz: Wider die Egal-Mentalität

Von UWE KRAUS 14.08.2011, 16:41

FRIEDRICHSBRUNN/MZ. - Superintendentin Angelika Zädow und Pfarrerin Ursula Meckel predigten Sonntagvormittag unter freiem Himmel auf der Wiese vor dem Bonhoeffer-Haus in Friedrichsbrunn. Menschen aus nah und fern waren bereits zum 14. Bonhoeffer-Tag in den Harz gekommen; das engagierte Ehepaar Günter und Helene Ebbrecht aus Einbeck ebenso wie einheimische Gemeindeglieder, Eberhard Vater aus Mühlhausen und der Düsseldorfer Ferdinand Schlingensiepen, der am Nachmittag in der Bonhoefferkirche einen gut besuchten Vortrag hielt. Der befasste sich mit "Susanne Bonhoeffers Erinnerungen an ihren Bruder und an die Familienferien in Friedrichsbrunn".

Angelika Zädow und Ursula Meckel spürten in ihrer Dialogpredigt der Gefahr der heutigen "Egal-Mentalität" und dem "Sich nicht mehr berühren lassen" von Dingen nach. Oft begegne ihr geringes Selbstbewusstsein, sie höre zu oft Sätze wie "Was kann ich schon tun" und "Es nützt ja alles doch nichts", erzählt die Thalenser Pfarrerin. Die Superintendentin zog Parallelen zur Geschichte. "Menschen wie Dietrich Bonhoeffer und seine Mitstreiter im kirchlichen Widerstand gegen die Naziherrschaft seien bleibendes Beispiel und widerlegten solche Aussagen. Das anschließende Lied "Ins Wasser fällt ein Stein" nahm sie als Gleichnis. "Wir können nicht mehr tun als ein Licht anzünden, einen Stein ins Rollen bringen. Das alles kann mehr bewirken, als wir selber für möglich halten." Meckel fügte an: "Wer will, dass die Gerechtigkeit auf unserer Welt zunimmt, kann und muss sich dafür einsetzen, darf um Gottes und der Menschen Willen nicht gleichgültig sein."

Helene Ebbrecht und ihr Mann haben großen Anteil daran, dass die Ausstellung im Bonhoefferhaus neu gestaltet wurde.

"Hier in Friedrichsbrunn dreht sich alles um die Familie Bonhoeffer, die sonst nicht so im Fokus steht, wenn über Dietrich geredet wird", erläutert sie. Wie als Beleg dafür stehen die Worte von Gerlinde und Martin Rambow aus Weimar im Gästebuch der Ausstellung: "Es ist die Lebensfreude und die urwüchsige Lebenskraft, die die Familie prägte." Die aktuelle Sonderausstellung "Eberhard Bethge - Seine Jahre in der Kirchenprovinz Sachsen - Wurzeln, Wege, Wirkungen" mit Aquarellen von Eberhard Vater widmet sich dem Freund und Biographen Dietrich Bonhoeffers. Dessen Biographie sei "ein unersetzliches Buch, nicht nur für den, der sich mit Theologie und Kirche beschäftigt, sondern für jeden, der wissen will, was ein ernst genommenes Christentum in unserer gegenwärtigen Welt neu und überraschend bedeuten kann. Und wer könnte es sich leisten, dies nicht wissen zu wollen?", hieß es beim Erscheinen vor 45 Jahren.

Nicht publiziert sind dagegen die Erinnerungen von Dietrich Bonhoeffers jüngster Schwester Susanne. Ferdinand Schlingensiepen hob die enge Bindung der späteren Susanne Dreß zu ihrem Bruder hervor, "den sie geliebt und angehimmelt hat". Ihre Erinnerungen an Friedrichsbrunn wirken ernst wie unterhaltsam. So berichtet sie über die Laube, in der sie aufgeklärt wurde, über die Latten am Zaun, die beim Schützenfest schon mal zum Schlagen genutzt wurden und davon, dass bei ihrer Ankunft 1916 alle Gardinen im Haus gestohlen waren. "Die Dorfkinder trugen sie als Kleidchen." Pfarrerin Ruth Ziemer vom Beraterkreis des Bonhoeffer-Hauses verwies am Sonntag darauf, dass sich das Haus in einer Übergangsphase befände. "Das Haus soll künftig als Verein arbeiten. Noch werden die beiden Räume vom Kirchenkreis finanziert."