Harz Harz: Altpapierverkauf verboten!

QUEDLINBURG/HARZGERODE/MZ. - Für Verunsicherung, Enttäuschung und einige Aufregung hat in Kindertagesstätten im Harzkreis ein Schreiben der Entsorgungswirtschaft des Landkreises Harz (Enwi) gesorgt. In diesem fordert die Enwi die Kindereinrichtungen auf, das Sammeln von Zeitungen und Zeitschriften aus privaten Haushalten einzustellen, weil dieses geltendem Recht widerspreche.
"Wir waren überrascht", sagt Waltraud Boskugel, Leiterin der Kindertagesstätte "Regenbogenland" in Harzgerode. Die Einrichtung gehört zu jenen, die schon seit längerem mit Unterstützung der Eltern Altpapier sammelten: Die Eltern brachten Zeitungen mit, die, wenn eine gewisse Menge vorhanden war, bei einem privaten Entsorger abgegeben wurden. Mit dem dafür erhaltenen Geld, so erklärt Waltraud Boskugel, konnten Bastelmaterialien für die Kinder gekauft werden. "Wir sind auf jeden Fall sehr enttäuscht. Es ist schade, wenn wir das nicht mehr machen dürfen, weil das Geld den Kindern zugute kam und wir den Kindern so mehr Möglichkeiten geben konnten."
"Das ist ein Thema, das schon geraume Zeit köchelt", erklärt Michael Dietze, Vorstand der Enwi. Das Unternehmen habe nun aber verstärkt Informationen - auch aus Zeitungsberichten - erhalten, dass private Aufkäufer Kindertagesstätten ansteuern und Altpapier abholen. "Das hat sich für uns im Vergleich zu den Vorjahren so gehäuft, dass wir, bezogen auf die Rechtssituation, nicht mehr stillhalten konnten." Deshalb sei dies an - vorsorglich - 140 Kindertagesstätten herangetragen worden mit dem Brief und dem Ziel "aufzuklären, wie die Rechtssituation ist".
Laut Abfallgesetz sind alle Abfälle aus Haushalten dem öffentlichen Entsorger zu überlassen - außer Kompostierbarem, das auf dem eigenen Grundstück kompostiert werden kann, erläutert Michael Dietze. "Es gibt Abfälle, die kosten Geld, und es gibt Abfälle, die bringen zur Zeit Geld", verweist er auf das Altpapier: Mit diesem versuchen private Entsorger, Geld zu verdienen und machen das auch nur dann, wenn es "für sie attraktiv" ist, ist Dietze der Auffassung, dass die Kitas von diesen Entsorgern eigentlich auch viel mehr Geld bekommen müssten. Aber: "Wir müssen sagen, dass dieser Weg so nicht geht." Die Enwi, die entsorgen müsse und das auch wolle, dürfe keine Gewinne erzielen; sie arbeite auch gemeinnützig in dem Sinne, dass Defizite wie Überschüsse in die Kalkulation der Abfallgebühren eingehen, die jeder Bürger zahlen müsse.
Dass hier "Altpapier-Ströme rausgehen", sei "zum Schaden aller". Laut Hochrechnungen der Enwi könnten durch die Kita-Sammlungen 500 Tonnen aus einem Gesamtaufkommen an Papier und Pappe in Höhe von 17 000 Tonnen herausfallen - wobei die Enwi je Tonne, für die sie Aufwendungen in Höhe von 70 Euro hat, 100 bis 110 Euro erhält. "Wir müssen auf jeden Euro achten, der uns weggeht", und das, so Dietze, im Interesse der "235 000 Gebührenzahler, die die Abfallentsorgung über die Abfallgebühren finanzieren".
Nicht zuletzt gibt es hier mit einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes eine "für mich rechtlich relativ klare Situation", so der Vorstand. Das hatte im Juni 2009 die Überlassungspflicht aller Abfälle aus privaten Haushalten an den öffentlich-rechtlichen Entsorger noch einmal festgeschrieben. Dazu gehört, wenn es entsorgt werden soll, auch Papier wie Zeitungen oder Zeitschriften, weiß Michael Dietze, dass es "schwierig ist, der Allgemeinheit diese Besonderheit dazustellen".
"Ich bin sicher, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, inhaltlich richtig ist", unterstreicht er noch einmal mit Blick auf die derzeit "rechtswidrige Situation". "Dass es die Kindertagesstätten trifft in ihrer finanziellen Situation, hat mir schon Bauchschmerzen bereitet." Man habe in der Gesellschaft eine Situation, "die abweicht, von dem, was man sich wünscht": dass Kitas finanziell gut ausgestattet seien. "Wir kommen hier quasi in das Fegefeuer rein."