Frauenhaus Ballenstedt Frauenhaus Ballenstedt: Hilfe für den eigenen Weg
Ballenstedt/MZ. - Frauen, die 40 Jahre in einer Beziehung voller Gewalt gelebt haben, ehe sie es schaffen, sich zu lösen. Frauen, die körperlich verletzt sind. Frauen, die seelisch kaputt sind und so voller Sorge, dass ihnen niemand glaubt, dass sie an Selbstmord denken. "Das geht einem schon nahe", sagt Jolanta Richter. "Um so mehr freut es mich, wenn man bei den Frauen, die keinen Selbstwert mehr empfanden, eine Veränderung merkt: Sie gönnen sich beispielsweise, wieder zum Friseur zu gehen. Sie legen ein leichtes Make up auf. Sie tun etwas für sich", so die Leiterin des Caritas-Frauenhauses in Ballenstedt weiter. "Und wenn eine Frau in eine Wohnung zieht, uns zum Hausbesuch einlädt und uns stolz ihr Zuhause zeigt - das ist einfach ein schöner Moment."
Seit 19 Jahren finden Frauen, die in eine Notlage geraten sind, im Caritas-Frauenhaus in Ballenstedt Unterstützung und Hilfe. Im vergangenen Jahr wurden hier 52 Frauen und 43 Kinder betreut, derzeit sind es sieben Frauen und sechs Kinder. Seit der Eröffnung der Einrichtung fanden hier 798 Frauen und 659 Kinder Hilfe.
Die in Not Geratenen kommen aus allen sozialen Schichten und werden oft über die Polizei, Ämter oder Behörden vermittelt. "Es gibt aber auch viele, die aus der Zeitung, durch Freunde oder den Bekanntenkreis erfahren haben, dass es ein Frauenhaus gibt und um Aufnahme bitten", sagt Jolanta Richter.
Ein zeitweiliges Zuhause finden können hier Frauen ab 18 Jahren. Nach oben gibt es keine Grenze. Die bislang älteste im Frauenhaus Ballenstedt Betreute war 84 Jahre alt. Im vergangenen Jahr suchten überwiegend junge Frauen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren, viele auch mit kleinen Kindern, Hilfe. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 57 Tage.
"Die Frauen sind aufgelöst, wenn sie zu uns kommen. Sie bringen viele Ängste mit", schildert die Sozialpädagogin. Die Mitarbeiterinnen vermitteln ihnen zuerst die Gewissheit, dass das Frauenhaus ihnen Schutz bietet, dass sie einen Raum für sich haben, wo sie sich geborgen fühlen können. Und sie helfen, die Frauen wirtschaftlich sicher zu stellen, indem beispielsweise das Kindergeld für die Kinder auf den Namen der Mutter beantragt wird. "Das sind die ersten Schritte", sagt Jolanta Richter. "Wir haben auch die Möglichkeit, über unsere Netzwerkpartner und Stiftungen Soforthilfe für unsere Frauen zu beantragen."
In vielen Beratungsgesprächen werden die Frauen motiviert, für sich ihren Lebensweg zu finden. "Wir beraten zwar, welche Möglichkeiten es gibt. Aber ob sie zu ihrem Partner zurückgehen oder sich trennen, das entscheiden die Frauen selbst", unterstreicht die Leiterin.
Entscheide eine Frau sich für eine eigene Wohnung, werden der Auszug begleitet, Möbel besorgt, das neue Zuhause gemeinsam eingerichtet. Möbel oder Utensilien für den Hausrat stehen dank Spenden zur Verfügung. Zudem können die Frauen bei der Koba Unterstützung beantragen, mit der beispielsweise eine Waschmaschine gekauft werden kann.
Den Frauen, die ausgezogen sind, bietet das Frauenhaus eine Nachbetreuung an. Dazu gehört beispielsweise auch die Begleitung bei Ämterwegen. "70 Prozent unserer Frauen schaffen den Weg in eine eigene Wohnung und die Trennung vom Partner", so Jolanta Richter.
Übrigens: Im Frauenhaus stehen den Frauen neben ihrem eigenen Zimmer auch ein gemeinsamer Aufenthaltsraum, ein Spielzimmer und eine Gemeinschaftsküche zur Verfügung, in der die gesunde Ernährung im Mittelpunkt steht. "Zu unserem Konzept gehört, dass die Frauen gemeinsam mit einer Hauwirtschafterin kochen. Das ist einmalig in Sachsen-Anhalt", so Jolanta Richter.