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Der Duft von Anis und Pansen

Von Uwe Kraus 12.11.2007, 16:40

Meisdorf/MZ. - Sie hetzt mit ihrem Huntsman Willi Pieper und der Equipage über die Falkensteiner Felder und die Beagles zählen zu den besten in Deutschland, spurensicher und sind flott unterwegs. Ihnen folgen Reiterinnen und Reiter im zünftigen "Roten Rock" auf kräftigen Pferden. So sieht es das strenge Reglement vor. Einige von ihnen hatten das Angebot zur "Reiterleichterung" angenommen und Regenjacken angelegt.

Wetter schreckte ab

Die elfte Schleppjagd des Reiterclubs Reinstedt und des Reit- und Fahrvereins "Einetal-Westdorf-Aschersleben" stand unter keiner guten Wolke. Die extremen Witterungsbedingungen der Nacht und des Vormittag hatten einige Reiter abgeschreckt, so dass dieses Mal weniger Jagdreiter als in den Vorjahren von Jagdherren Gerhard Redöhl im Schlosspark Meisdorf begrüßt werden konnten. Das Schloss-Hotel in Meisdorf sei nun schon über Jahre ein verlässlicher und guter Partner dieses Reitsportereignisses. Dank spricht Redöhl auch den Landwirten aus, auf deren Weiden am Freitag noch Rinder standen und deren Toleranz den Reitern helfe. Doch die Teilnehmer, die aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Hessen nach Meisdorf gekommen waren, erlebten nach dem Versiegen des Regens erneut eine wunderbare Schleppjagd. Viele Reiter hatten vorgesorgt und ihren wertvollen Tieren für das nasse und rutschige Geläuf dann Stollen in die Hufeisen geschraubt.

Unter ihnen die in den traditionellen Roten Röcken gewandeten Mitglieder des Reitvereins Schwittersdorf (Saalkreis), die die Veranstaltung rund um den Hubertustag "zu den schönsten Jagden im weiten Umkreis" zählen. Dazu trage die herrliche Landschaft zwischen Meisdorf, Neuplatendorf, Endorf und Degenershausen bei, die für die jagdlichen Reiter einen abwechslungsreichen Parcours bietet. Doch bei der Schleppjagd muss kein Tier das Leben lassen. "Hier gibt es keine wilde, verwegene Jagd", erklärt Harald Sporreiter, der zweite Jagdherr. "Die Meute hetzt nämlich einer Anis-Spur nach, die die Wildspur ersetzt. Die Hunde stehen immer an erster Stelle. Die schönste Jagd taugt nichts, wenn man keine passionierte und gut geführte Meute dabei hat." Jagdherr Gerhard Redöhl freut sich, dass nun bereits zum achten Mal die Hessen im Harz dabei waren.

Sporreiter bewundert die gute Hundearbeit. "Die Jagdreiter beobachten die Hunde, folgen ihnen und dürfen sie auch nicht überreiten. Diese Ritte in der freien Natur sind etwas herrliches. Fünf Schleppen mit einer Länge zwischen 1 500 und 2 500 Meter werden abgejagt. Am Ende jeder Spur findet man sich zusammen, die Pferde wechseln vom Galopp in den Schritt, und es geht eher gemächlich zur nächsten Schleppe." Doch der Parcours bietet durchaus Herausforderungen für Pferd und Reiter. Schließlich geht es insgesamt über 20 jagdgerechte Hindernisse. Bei Degenershausen reißt ein Pferd "einen Sprung um", wie es ein Mädchen fachkundig kommentiert, bevor sie mit ihren Geschwistern einen Schneemann in die Sonne setzt. Die Mohrrüben-Nase reicht ihre Mutti aus dem Kofferraum. Sie gehört zu den Leckerchen der Schwittersdorfer Pferde. Wenig später folgen die Zuschauer in warmer Kleidung, mit heißem Tee und Fernglas ausgestattet sowie mit unterdessen eingeklapptem Schirm dem Pulk der Reiter.

Insgesamt 60 Signale

Hans Müller und Helmut Kerll gehören zu den wichtigsten Teilnehmern der Schleppjagd. Doch aufs Pferd steigen sie nicht. Sie pflegen die jagdliche Tradition auf ganz andere Weise. "Die Jagdreiterei hat ihren Ursprung mit dem am Hofe von Ludwig XIV. von Frankreich. Und Handys gab es damals ja noch nicht. So gab es für die damalige klassische französische Hirschjagd zu Pferde für alles Hornsignale: "Aufbruch zur Jagd", "Hunderuf", "Da ist die Meute", "Durch den Fluss". Jedem Kommando ist ein Musikstück zugeordnet. 60 Signale gehören zum Repertoire so einer Jagd. Die Reiterlichen Parforcehornbläser der Gesellschaft für Jagdreiterei Westerode, die sich als Laien vor 30 Jahren zusammen gefunden haben, spielen sie auf ihren Instrumenten. Sie gestalteten im sechsten Jahr die Hubertusmesse in der Meisdorfer Kirche. Harald Sporreiter meint, die alte Patronatskirche der Asseburger vermittele in ihrer Größe und Ausstattung die beste Atmosphäre, um dem Heiligen Hubertus zu gedenken. Aus den Westeröder Hörnern erklingen vorwiegend französische Stücke. Hans Müller schwärmt vom Marquis de Dampierre, der die ersten Stücke gesetzt habe, um die Jagd zu begleiten. Schließlich seien die Parforcehörner geschichtlich etwas besonderes und so etwas wie die Urväter der späteren Wald- und Jagdhörner. Und die Parforcehörner klangen auch wieder, als die Hessenmeute Willi Pieper und der Equipage wieder am Schlosshotel anlangt. Die agilen Hunde werden "genossen gemacht". Heißhungrig stürzen sie sich als Ersatz für die Innereien des aufgebrochenen Wildes auf das Cureé, den Rinderpansen über dem das Tannengrün lag. Das ist ihre Jagdbeute und Belohnung für das erfolgreiche Jagen. Den Reitern überreichte der Jagdherr als Ehrung den obligaten Tannenbruch, bevor der Jagdtag mit einem rustikalen Mahl ausklang.