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David Sachs David Sachs aus Gernrode: Ehemaliger Buchhalter gründet seine eigene Saatzuchtfirma

Von Rolf Bielau 27.01.2019, 09:55
Die 1914/15 entstandene Grafik zeigt den Hauptsitz der Saatzuchtfirma David Sachs in Quedlinburg.
Die 1914/15 entstandene Grafik zeigt den Hauptsitz der Saatzuchtfirma David Sachs in Quedlinburg. Sammlung Bielau

Quedlinburg - Zu Unrecht wurde das ehemalige Saatzuchtunternehmen David Sachs lange Zeit wenig beachtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es nur noch wenige Quedlinburger, die sich an den Betrieb erinnerten. In der DDR war der Name fast vergessen.

Auch in Veröffentlichungen nach 1991 wurden kaum die Leistungen dieser für den Quedlinburger Samenbau bedeutsamen Firma dargestellt. Die Umbenennung der Quedlinburger Pestalozzi-Schule 2016 in „David-Sachs-Schule“ im Neuen Weg 24b war ein wichtiger Schritt zur heutigen öffentlichen Würdigung der Familie Sachs.

Schule im Neuen Weg trägt den Namen von David Sachs

Als deutscher Bürger mit jüdischer Religion lebte David Sachs von 1836 bis 1918. Um 1870 war er Buchhalter bei der Witwe des Oberamtmanns Grasshoff, Samenzüchtung in Quedlinburg. Er kam aus Gernrode.

Preußischer Untertan ab 1872, gründete er 1878 die gleichnamige Samenzüchterei und war als Kunst- und Handelsgärtner deren Firmenchef bis 1900. Dazu kaufte er 1878 die Gärtnerei von August Gebhardt in der Kleersstraße.

Nach Angaben von Gerda Sachs entwickelte er seine Firma in kürzester Zeit zum drittgrößten Samenzuchtbetrieb Quedlinburgs, der sich in seiner Bedeutung mit denen der Gebrüder Dippe und Heinrich Mettes messen konnte.

Drittgrößter Samenzuchtbetrieb nach Dippe und Mette

Um 1910 bewirtschaftete er 200 Hektar eigenes Land und hatte 1.500 Hektar dazu gepachtet. Aus der Übersicht der 1945 an die DSG (Deutsche Saatgut Gesellschaft) übertragenen Felder enteigneter Saatzuchtunternehmen wie Dippe, Mette und Schreiber lassen sich die Orte der Sachs’schen Felder gut rekonstruieren.

Sie lagen verstreut über die Quedlinburger Feldflur: Kieskuhle, Höfen, Bickling, Brüggeberg, Ritteranger, Sülze, in der Sülze, über der Sülze, Galgenberg, Ziegelberg, Helmstein, Kruke, Luftenberg, Kuhwiese, Finkenflucht, hinter dem Lehhof, Wolfsfeld und über den Sandkuhlen sind manchem alten Quedlinburger noch bekannte Flurnamen. Durch die Verschiedenartigkeit der Lage und Bodenverhältnisse konnten die spezifischen Bodenansprüche der Samenkulturen berücksichtigt werden.

Scheune Oeringer Straße wurde Anfang der 1970er abgerissen

Eine Abbildung im Preisverzeichnis 1929 zeigt die firmeneigene Regenanlage für Blumen und Kopfsalatsamenproduktion auf dem Kleersgelände Ecke Oeringer-/Kleersstraße. Die Scheune auf dem heutigen Parkplatz vor einem Lebensmitteldiscounter am Kleers stand noch bis etwa 1972. Sie wurde im Vorfeld des Wohnungsbaus abgerissen.

Die Flächen auf dem rechten Teil des Kleers wurden noch bis zum Beginn des dortigen Wohnungsbaus zum Beispiel für die Kopfsalatzüchtung durch das VEG (S) (volkseigenes Gut/Saatzucht) „August Bebel“ genutzt.

Ab 1890 befand sich der Firmensitz im Badeborder Weg

Firmensitz nach 1890 wurde das Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik von Hanewald u. Weber, ehemals Hanewald u. Zerbst, auch J.G. Eggert u. Co., beidseitig im Badeborner Weg. Nach 1945 wurde es die spätere Zentrale des VEG „August Bebel“ Quedlinburg und verkam nach der Räumung um 1992 zu einem Ruinenfeld.

Die Rückansicht des Firmenkatalogs von 1914/15 zeigt einen properen Gebäudekomplex, von dem einige Bauten noch heute existieren. So ist der Giebel des Wirtschaftsgebäudes mit dem Pferdekopf gegenüber einem Einkaufszentrum an der Bahnausfahrt nach Ditfurt noch gut erhalten. In der Darstellung von 1920 wird es als „Hauptverwaltungs- und Wirtschaftsbetrieb am Badebornerweg“ bezeichnet.

Im Wohnhaus neben dem Eingangstor links wohnte viele Jahre bis in die Anfänge der 1980er Jahre der bekannteste Gemüsezüchter Quedlinburgs, Dr. Friedrich Fabig. Zur Ehrung seiner Geburtsstadt Gernrode stiftete er für das dortige Rathaus eine Bildglasscheibe, die noch zu sehen ist. (wird fortgesetzt) (mz)

Das Sachs’sche Wirtschaftsgebäude mit Pferdekopf am Giebel.
Das Sachs’sche Wirtschaftsgebäude mit Pferdekopf am Giebel.
Junghans