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Behinderter benötigt Rampe Behinderter benötigt Rampe: Sven Rasch hat seine Wohnung seit Monaten nicht verlassen

Von Petra Korn 06.11.2018, 10:40
Hindernis Treppe: Sven Rasch möchte gern selbstständig nach draußen - kann das aber nicht.
Hindernis Treppe: Sven Rasch möchte gern selbstständig nach draußen - kann das aber nicht. Korn

Quedlinburg - Sven Rasch hat spastische Lähmungen, verursacht durch Sauerstoffmangel im Gehirn während der Geburt. Der 31-Jährige kann nicht laufen. Er ist auf den Rollstuhl angewiesen. Ein moderner neuer Elektrorollstuhl steht in der Küche seiner Wohnung. Gern würde Sven Rasch mit ihm zum Sport in die Physiotherapie fahren, allein einen Arzttermin wahrnehmen, zum Einkaufen oder einfach so mal an der frischen Luft umherfahren. Doch er kommt nicht aus seiner Wohnung heraus.

Eine Rampe gibt es nicht

„Da muss ich fliegen“, sagt er. Denn vor der Haustür ist eine mehrstufige Treppe. Und eine Rampe, die ihm das Verlassen des Hauses ermöglichen würde und um die sich die Familie seit Monaten bemüht, gibt es nicht. Die AOK, sagen Sven Rasch, seine Mutter Helga Rasch und seine Schwester Mandy Günther, hätte die Finanzierung abgelehnt.

„Recht auf Teilhabe“

Mutter und Sohn wohnten zuvor im Unterharz. Doch dann habe ihre Mutter zwei Herzinfarkte gehabt, erzählt Mandy Günther. „Ich habe sie nicht mehr allein lassen wollen.“ In ihrem Haus in Quedlinburg richteten sie und ihr Mann zwei Wohnungen ein. „Wir wollten, dass Sven eine eigene Wohnung hat, die behindertengerecht ist.

Er sollte ein eigenes Leben haben, auch allein aus der Wohnung herauskönnen. Er hat ein Recht auf Teilhabe am Leben“, sagt Mandy Günther. Weil der alte Elektrorollstuhl verschlissen war, sei im März ein neuer beantragt worden - zusammen mit einer Rampe.

Elektrorolli zu schwer für Bretter

Anfangs hatte die Familie sich noch beholfen, hatte zunächst Bretter von der Haustür zum Auto und dann vom gewendeten Fahrzeug zur Erde gelegt. Die Familie half Sven Rasch dann, die Bretter mit seinem Aktiv-Rollstuhl zu passieren. „Der elektrische Rollstuhl ist viel zu schwer“, sagt der 31-Jährige.

Doch der Rollstuhl für drinnen fängt die Unebenheiten draußen nicht ab, Sven Rasch bekam Schmerzen in den Hüften. Und der Hilfsweg über die Bretter ist ihm zu unsicher. Zuletzt, sagt er, sei er im Sommer draußen gewesen.

Widerspruch wurde abgelehnt

Der neue Rollstuhl war Anfang Juni gekommen - die Kostenübernahme für die Rampe wurde abgelehnt. „Wir haben einen Widerspruch gemacht, der wurde wieder abgelehnt“, erzählt Sven Rasch. Das Problem, erklärt Mandy Günther, sei, dass sich Ausgang nebst Treppe in einer Einfahrt befinden, in der die Familie nur Wegerecht habe. Es müsste also eine mobile Rampe sein.

Weil die zu steil sei, habe die AOK diese ebenso abgelehnt wie eine stationäre. „Bis uns jemand gesagt hat, dass wir zur Pflegekasse müssten“, sagt Mandy Günther. Doch die habe ebenfalls abgelehnt - weil schon Geld für den Bau eines behindertengerechten Bades gezahlt worden sei. „Es wird hin- und hergeschoben“, so Mandy Günther. „Wir würden ja auch eine Alternative nehmen.“

Wobei die mobile Rampe aus Sicht der Familie die beste Lösung sei - und, wie Mandy Günther sagt, nach Einschätzung des betreuenden Sanitätshauses auch machbar. Inzwischen gab es auf Initiative der Familie und des Sanitätshauses einen weiteren Vor-Ort-Termin mit der AOK.

Warten auf Angebot

„Wir warten auf das Angebot des Sanitätshauses, um dann schnellstmöglich zu überprüfen, ob wir die Kosten übernehmen können“, sagt Sascha Kirmeß, Pressesprecher der AOK Sachsen-Anhalt. „Wir verstehen den Frust von Herrn Rasch über die Situation, die auch für uns absolut nicht zufriedenstellend ist.“

Wie er erklärt, mache der Gesetzgeber aber genaue Vorgaben zu Kostenübernahmen. So gelte eine mobile Rampe als Hilfsmittel, für das die Krankenversicherung die Kosten übernehmen könne. Doch eine erste Begutachtung durch Sanitätshaus und AOK-Orthopädietechniker hätte ergeben, dass die nicht umsetzbar sei, weil die Steigung der Rampe viel zu hoch wäre.

Kein Geld für klappbare Rampe

Für eine klappbare, aber damit fest verbaute Rampe dürfe die Krankenversicherung die Kosten nicht übernehmen. Die Möglichkeit, sie durch die Pflegekasse zu bezuschussen sei geprüft worden. Doch der maximal mögliche Zuschuss sei bereits mit dem Hausumbau ausgeschöpft worden. Weitere Angebote zu alternativen Rampen hätten sich nicht umsetzen lassen. „Derzeit sind wir nach wie vor dabei, eine Lösung für Familie Rasch zu finden“, so Sascha Kirmeß.

Sven Rasch und seine Familie hoffen, dass sich diese nun nach dem jüngsten Vor-Ort-Termin ergibt. In seinem alten Wohnort, sagt der 31-Jährige, sei er jeden Tag draußen gewesen. „Ich habe hier in Quedlinburg gar keine Kontakte. Wie auch.“

(mz)