Lehof Ausgrabungen am Lehof bei Quedlinburg: Archäologen entdecken fast 5.000 Jahre alte Brandgrubengräber

Quedlinburg - Sie stammen aus der Zeit zwischen 4.900 und 4.500 vor Christus: die sieben Brandgrubengräber, die das Grabungsteam der Kreisarchäologie Harz am Lehof bei Quedlinburg freigelegt hat. In ihnen wurde die Asche Gestorbener beigesetzt - mit Beigaben wie Gefäßen, die aus der Kultur der Stichbandkeramik stammen und den Archäologen so eine zeitliche Einordnung der Grabstätten ermöglichen.
Grabungsleiter Robert Brosch nennt die Brandgrubengräber eine „kleine Sensation“: Denn in jener Kultur der Jungsteinzeit seien eigentlich Körperbestattungen üblich gewesen, erklärt er.
Kreisarchäologe Oliver Schlegel: Lehof war attraktiv als Siedlungsort
Unweit des Goldbaches leicht erhöht liegend, mit fruchtbarem Schwarzerde-Boden, bei dem „der vorgeschichtliche Mensch schon gewusst hat, dass er hier locker zwei Ernten pro Jahr einholen kann“ - Kreisarchäologe Oliver Schlegel listet auf, was den Lehof vor Tausenden Jahren als Siedlungsgebiet attraktiv machte. Dafür sind nun in den vergangenen zehn Wochen erneut zahlreiche Belege gefunden worden:
Im Auftrag der Wolff und Müller Baustoffe GmbH, die hier eine Lagerfläche für den in ihrem Tagebau abgebauten Quarzsand schaffen will, wurden rund 1,8 Hektar untersucht - das entspricht der Größe von gut zweieinhalb Fußballfeldern. „Wir haben dabei nicht nur ein kleines Guckloch, sondern eine richtige Bühne aufmachen können“, verweist Oliver Schlegel auf die zahlreichen freigelegten Relikte, die die vorgeschichtliche Besiedlung belegen.
Häuser einer Siedlung - erkennbar an „Pfostengruben“, Verfärbungen im Erdreich, entstanden durch das Holz - gab es auf dieser Fläche nicht. „Der Kern der Siedlung wird wohl auf dem Hügel gewesen sein“, so Robert Brosch. Unterhalb dieses Hügels gefunden wurden unter anderem Gruben, aus denen Lehm entnommen wurde, oder Vorratsgruben für Getreide, erklärt der Grabungsleiter. In solchen luftdicht verschlossenen Gruben hätten Vorräte über den Winter hinweg erhalten werden können; geleert seien sie dann als Abfallgruben genutzt worden.
Pfostengruben deuten auf Gebäude einer Siedlung
Eine Besonderheit dieser Grabung ist die Fülle der Ergebnisse. „Wir haben 507 Befunde“ - also Verfärbungen im Erdreich - „festgestellt“, so Robert Brosch. Zum Vergleich: Im Dezember vergangenen Jahres, als am Lehof schon einmal im Auftrag der Wolff und Müller Baustoffe GmbH eine Fläche untersucht wurde, gab es auf rund sieben Hektar rund 50 Befunde. 200 der 507 Befunde sind vollständig dokumentiert worden, so der Grabungsleiter. Darunter sind die Brandgrubengräber, in denen das Team neben Keramik auch Gegenstände des Alltags als Beigaben fand. Dazu gehören beispielsweise ein Steinbeil oder eine Scheibenkeule - eine Steinscheibe, die auf einen Holzstab gesteckt wurde. „Damit konnte man einen Schädel einschlagen“, so Robert Brosch.
Andere Funde belegen beispielsweise die Besiedlung in der Bronzezeit bzw. Eisenzeit. Dazu gehören Reste einer Feuerstelle mit Sandstein, „der ganz deutlich Hitze bekommen hat“, wie der Grabungsleiter erklärt. Diese Feuerstelle stehe im Zusammenhang mit der Eisenproduktion, so Brosch, der sie in die Zeit um 800 bis 700 vor Christus datiert.
Jedes Fundstück wird fotografiert
Jeder einzelne Befund wird übrigens fotografisch dokumentiert. Erstmals hat das Grabungsteam dabei jetzt eine Drohne eingesetzt. „Es ging auch darum, die Gesamtfläche zu erfassen“, erklärt Robert Brosch. „Wir wollen nicht nur Funde bergen. Die Lage der Gruben ist viel wichtiger, um Aussagen treffen zu können, wie eine Siedlung beschaffen war.“
Als Auftraggeber trägt die Wolff und Müller Baustoffe GmbH auch die Kosten für die archäologische Untersuchung. „Wir stellen uns als Unternehmen der Aufgabe, unseren Beitrag zur Dokumentation der Frühgeschichte zu leisten“, sagt Geschäftsführer Michael Bork. Erforderlich wurde die Untersuchung, weil für das Anlegen der Lagerfläche die Schwarzerde abgetragen wird.
Die Funde werden jetzt beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie zur wissenschaftlichen Aufarbeitung eingelagert. (mz)
