Auf den Spuren von Gottfried August Bürger Auf den Spuren von Gottfried August Bürger : Ein literarischer Spaziergang

Ballenstedt - Man läuft querfeldein oder ist auch mal mucksmäuschenstill. Wen man mag, den nennt man vielleicht „Zuckerbäckchen“. Doch woher kommen diese Worte eigentlich? Wer hat sie erfunden? Es war ein Dichter, der mit den Erzählungen eines gewissen Lügenbarons heutzutage weitaus bekannter ist als mit seiner Lyrik: Gottfried August Bürger (1747-1794) schrieb nicht nur von den unglaublichen Abenteuern Münchhausens, sondern erzählte auch von blonden Zottellöckchen, vom Schwachmatikus und der Pfirsichzier weiblicher Wangen. Seine Wortschöpfungen sollen nun Teil eines landkreisübergreifenden Projektes des Ballenstedter Vereins Akzente für Kultur, Jugend und Soziales werden.
Auf spielerische Art und Weise zur Literatur
Der geht die Sache gemeinsam mit dem Förderverein „Gottfried August Bürger“ in Bürgers Geburtsort Molmerswende an. Unterstützung bekommen beide vom Integrativen Kunstverein Liwet in Molmerswende, der schon vor Jahren ein Kunstprojekt mit Wohngruppen der Evangelischen Stiftung Neinstedt ins Leben gerufen hat. Zu diesem Verein gehört die Molmerswender Malerin Heike Wolff, die am Projekt ebenso mitwirkt wie die Ballenstedter Autorin Bettina Fügemann.
„Von Apfelfraß über Pfirsichzier, Schwachmatikus zum Zottellöckchen - Ein literarischer Spaziergang in eine Welt der Fantasie für Kinder“, so der Titel des Projekts, soll sechs- bis 14-Jährige auf spielerische Weise an Sprache und Literatur heranführen. „In den Archiven finden wir Bildergeschichten der besonderen Art. Die Malerin Heike Wolff soll mit den Kindern diese Geschichten illustrieren“, sagt Bettina Fügemann.
1018 neue Worte
Dabei wolle der Ballenstedter Verein über die Stadtgrenzen blicken; neben den Vereinen und der Künstlerin aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz sollen die Sekundarschulen in Ermsleben und Harzgerode, die Sekundar- und Grundschule „Martin Luther“ Mansfeld und die Grundschule Wippra am Projekt beteiligt werden, das im Herbst beginnt.
„Es soll die Fantasie der Kinder anregen, indem sie den Wortschatz literarisch und grafisch aufgreifen“, erklärt dazu Erwin Moras, der Vorsitzende des Fördervereins „Gottfried August Bürger“. Immerhin gilt der Dichter als unermüdlicher Schöpfer neuer Worte: Mehr als 1.018 sind überliefert, viele davon sind noch heute im Sprachgebrauch allgegenwärtig. „Da gibt es einen Schatz zu heben“, sagt Bettina Fügemann, die sich um die literarische Betreuung der Kinder kümmert, während Heike Wolff sie grafisch anleitet.
Die Sprache des gemeinen Volkes
Am Ende des Projekts soll ein Buch mit Gedichten oder Kurzgeschichten, Zeichnungen und Bildern entstehen, die die Kinder selbst verfasst und gestaltet haben. Gelegenheit dazu bekommen sie im Kunsthof Molmerswende. Unterstützt wird das Projekt mit Hilfe des Jugendkulturfonds, aus dem die Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung dem Akzente-Verein und dem Förderverein je 400 Euro zur Verfügung stellt. „Wir versuchen, verschiedene kulturelle Aktivitäten ins Dorf zu holen“, sagt Erwin Moras. Dazu soll auch ein weiteres Projekt gehören, das sich 2017 aus Anlass des 300. Geburtstags von Bürger an Berufsgrafiker und -maler richten soll. Sie sollen sich - ähnlich wie die Schüler - mit den Dichterworten auseinandersetzen.
Dass die Worte heute noch so populär sind, liege an Bürgers Sprache, sagt Moras. „Die Wortkombinationen hat er in seinen Gedichten verwendet, und daraus wurden sie aufgegriffen. Er hat in einer Sprache geschrieben, die auch vom ’gemeinen Volk’ verstanden wurde. Sein Gedicht ’Lenore’ wussten die Menschen auswendig, selbst wenn sie nicht lesen oder schreiben konnten.“ Eine Leistung - „Lenore“ hat immerhin stolze 32 Strophen. (mz)