Andacht in der Marktkirche Andacht in der Marktkirche: Willkommen für eine Königin in Quedlinburg

Quedlinburg - Sie klingt wieder: mal hell, ganz zart und leise, mal kraftvoll den gesamten großen Kirchenraum füllend, das Gestühl gefühlt zum Vibrieren bringend. Die Röver-Orgel der Quedlinburger Marktkirche, die seit November 2018 restauriert wurde, kann nun wieder gespielt werden. Das ist am Sonntag mit einem Festgottesdienst gefeiert worden.
Eröffnungskonzert des Quedlinburger Musiksommers schon ein Tag zuvor
Er hätte am liebsten schon am Sonnabend „herzlichen Glückwunsch“ gesagt, erklärt Jürgen Schilling, Superintendent im Kirchenkreis Halberstadt, in seiner Predigt. Am Sonnabend, „als vier Hände und vier Füße auf Manualen und Pedalen geradezu wirbelten“, so Schilling - und Pascal und Markus Kaufmann die Orgel beim Eröffnungskonzert des Quedlinburger Musiksommers erstmals wieder spielten.
Jetzt, am Sonntag, beglückwünscht der Superintendent jene, die über viele Jahre die Vision hatten, „das schaffen wir“, und die diese Vision, die Orgel wieder zum Klingen zu bringen, immer weiter verfolgt hätten. Er beglückwünscht Kirchengemeinde, Gemeindekirchenrat, den große Kreis jener, die durch Spenden und Zuschüsse zur Finanzierung beitrugen, die Orgelbaufirma, das Architektenbüro, den Kantor. Und Schilling bedankt sich ebenso wie Pfarrer Matthias Zentner und Domorganist Markus Kaufmann bei ihnen, bei allen am Projekt Beteiligten.
Seit 30 Jahren wurde das Geld für die Restaurierung gesammelt
Dazu zählen auch die Orgelbauer der Firma Jehmlich aus Dresden, die, so Markus Kaufmann, in den vergangenen eineinhalb Jahren mit ihrer Arbeit die Saat gelegt hätten, aus der die Musik nun in der Marktkirche erblühen könne, und der Intonateur Matthias Ullmann.
Über 30 Jahre lang, schon zu DDR-Zeiten beginnend, wurde Geld für die Restaurierung der Orgel der Marktkirche gesammelt. Dazu dienten beispielsweise auch die wöchentlich stattfindenden musikalischen Vespern, sagt Markus Kaufmann.
30 Jahre lang habe die Kirchengemeinde mit Kirchenmusikdirektor Gottfried Biller und Pfarrer Joachim Wolf ihre Energie, ihr Feuer für das Projekt aufrechterhalten. Ohne die großen Zuschussgeber hätte die Restaurierung aber nicht gestemmt werden können, so der Domorganist. 350.000 Euro kosteten die Arbeiten, die Hälfte des Geldes sei von Bund und Land gekommen. Unterstützt haben auch die Evangelische Kirche Mitteldeutschlands und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Harzsparkasse.
„Es war eine ganz reizvolle Aufgabe“
Und so konnten nun in den vergangenen eineinhalb Jahren die Pfeifen der 1888 von Ernst Röver gebauten Orgel gereinigt und repariert, fünf einst vorhandene Register - Reihen von Pfeifen mit gleichem Klangcharakter - wiederhergestellt werden.
Der Spieltisch wurde aufgearbeitet, die Balganlage saniert, ebenso die bauliche Hülle der Orgel bis hin zum filigran gestalteten Prospekt, der „Fassade“ der Orgel. „Es war eine ganz reizvolle Aufgabe“, sagt Ralf Jehmlich, Orgelbaumeister und Geschäftsführer der gleichnamigen Firma, der den Dank der Quedlinburger für die gute Zusammenarbeit an diese zurückgibt und sich mit ihnen über die neu zurückgewonnene Klangvielfalt der Orgel freut.
Gottesdienst dreimal am Tag und auch online
Dass diese Königin der Instrumente in der Marktkirche nun wieder klingen kann, sei Visionären zu verdanken, sagt Jürgen Schilling. Die könnten anstrengend sein; doch zugleich wisse man: Große Dinge brauchten Visionäre. Der Superintendent fordert die Gottesdienstbesucher deshalb auf, diese „ganz spezielle Spezies“ zu pflegen, mit Visionären mit zu träumen, sich von ihnen mitreißen zu lassen. „Auf diesem Weg lassen sich Orgelrestaurierungen umsetzen, so umfassend und teuer sie auch sein mögen. Das feiern wir heute.“
Um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, an dem Festgottesdienst teilzunehmen, fand dieser am Sonntag gleich drei Mal statt. Produziert wurde zudem ein Online-Gottesdienst, der auf auf dem Youtube-Kanal der Kirchengemeinde zu finden ist. Dort kann dann auch das Innenleben der Orgel virtuell besichtigt und den Orgelbauern bei ihrer Arbeit zugeschaut werden.
Der Weg zum Video über die Seite der Kirchengemeinde Quedlinburg www.kirchequedlinburg.de. (mz)
