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1 200 Jahre alte Raritäten aus arabischen Papiermühlen

Von Stephan Neef 29.12.2005, 14:43

Weddersleben/MZ. - Das ist auch in Weddersleben nicht zu übersehen. Die (industrielle) Papierherstellung wurde zwar 1991 - nach über 440 Jahren - zu Grabe getragen, doch verarbeitet und bedruckt wird Papier in Weddersleben noch immer. Laien wollen hier sogar in Workshops lernen, wie Papier geschöpft oder gebunden wird. Und das kleine Museum besuchen jährlich bis zu 3 000 Menschen. "Das ist viel für ein technisches Museum dieser Größe", weiß Löbel. Bis 2004 war die 1996 / 97 geschaffene Einrichtung, die den erhaltenen Teil der mittelalterlichen Papiermühle nutzt, nur im Sommerhalbjahr geöffnet. "Jetzt öffnen wir auch von November bis April", berichtet Löbel. Der Grund: Viele Schulklassen nutzen auch diese Jahreszeit verstärkt für Projekttage. Und die Jugendherbergen würden sich in den lichtarmen Monaten und bei schlechtem Wetter über museale Angebote dieser Art freuen.

Ein Besuch des Papier- und Druckmuseums lohnte sich schon immer, doch seit kurzem hat Löbel einige Raritäten zu bieten, die weithin einmalig sind. Sein besonderer Stolz: Arabische Hadernpapiere aus dem 8. / 9. Jahrhundert. "Natürlich Originale", freut sich Löbel. Es handele sich um Leihgaben des Deutschen Buch- und Schriftmuseums, das der Deutschen Bücherei in Leipzig angeschlossen ist. Alte Kontakte machten diese besonderen Gaben möglich.

Und was ist Hadernpapier? "Hadern waren Alttextilien", weiß der Fachmann. "Sekundärrohstoffe" wurden also schon frühzeitig verarbeitet. Es habe sogar in deutschen Landen ein "Lumpensammelprivileg" gegeben, das von den Lehnsherren der Papiermühlen verliehen wurde. "Ich brauch Hadern zu meiner Mühl, dran treibt mirs Rad des Wassers viel", heißt es in einem "Papyrer"-Monolog, den das Museum auf einem kunstvollen Plakat anbietet. Natürlich ist auch Papyrus zu sehen. Oder Papier, das im fernen Nepal aus Seidelbast gewonnen wurde oder in Mexiko aus den Blättern der Agave.

Die Exposition enthält auch neue Erkenntnisse über Geschichte und Standorte der Ostharzer Papierherstellung. Löbel nennt Meisdorf. Und Ermsleben, wo dem Chemiker Alexander Mitscherlich (1836 - 1918) die Herstellung von Zellulose gelang. Bisher sei der genaue Standort der einstigen Fabrikationsstätte nicht bekannt gewesen.

Etwa 80, meist behinderte, Mitarbeiter der Lebenshilfe gGmbH verarbeiten heute in Weddersleben den Rohstoff Papier. Selbst ein hoch qualifizierter Papiermeister oder eine Buchbindermeisterin gehören zur Belegschaft. Und geben ihr Wissen gern an Interessenten weiter.

Das Museum Papiermühle in Weddersleben ist bis April montags bis freitags von 10 Uhr bis 15.30 Uhr geöffnet, Anmeldungen für Workshops unter 03946 / 9810130.