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Tradition Von wegen, sie waren nie da: 1.100 Darsteller erzählen im Kirschfestumzug Stadtgeschichte

Ausschließlich historische Bilder ziehen durch die Naumburger Innenstadt.

Von Michael Heise 27.06.2022, 09:14
Wer will da schon eine Stadt dem Erdboden gleichmachen? Kinder und ihr Lehrer (diesmal dargestellt von Mädchen und Jungen der Salztorschule und Lehrer Ralf Baumgart) ziehen vor die Tore Naumburgs, um die Hussiten milde zu stimmen. Die wollten eigentlich Rache nehmen für den Tod ihres Anführers Jan Hus, schenkten der Stadt aber die Freiheit.
Wer will da schon eine Stadt dem Erdboden gleichmachen? Kinder und ihr Lehrer (diesmal dargestellt von Mädchen und Jungen der Salztorschule und Lehrer Ralf Baumgart) ziehen vor die Tore Naumburgs, um die Hussiten milde zu stimmen. Die wollten eigentlich Rache nehmen für den Tod ihres Anführers Jan Hus, schenkten der Stadt aber die Freiheit. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Er ist der glanzvolle Höhepunkt des traditionellen Kirschfestes und selbst für Naumburger jedes Mal ein Muss: der Kirschfest-Umzug. Nichts Geringeres als die Sage von der verhinderten Zerstörung der Stadt durch die Hussiten im Jahr 1432 ist der Stoff, aus dem sich seine erstmals ausschließlich historischen Bilder speisen, unterteilt in sechs Themenbereiche. Dass die Hussiten nie da waren - egal. Die einst erzählte Geschichte reichte, um aus ihr das größte und für die meisten schönste Volksfest weit und breit zu kreieren. Und nach zwei Jahren pandemiebedingten Ausfalls lässt sich sagen: Es bedurfte keiner großen Wiederbelebung - das Kirschfest lebt und ist so faszinierend wie nie.

Beeindruckend und ziemlich gefährlich: Bernauer Briganten und eine Gruppe aus dem tschechischen Cesky Brod als hussitische Krieger.
Beeindruckend und ziemlich gefährlich: Bernauer Briganten und eine Gruppe aus dem tschechischen Cesky Brod als hussitische Krieger.
(Foto: Torsten Biel)
Naumburg als Musikstadt: Aurelia Knispel verkörpert Luise Haenel de Cronenthal, die berühmte Tochter des Klavierbauers.
Naumburg als Musikstadt: Aurelia Knispel verkörpert Luise Haenel de Cronenthal, die berühmte Tochter des Klavierbauers.
(Foto: Torsten Biel)
„Dem Prokopen täte es scheinen, Kirschen schenkte er den Kleinen...“ Ein hussitischer Krieger reicht den Kindern die süßen Früchte.
„Dem Prokopen täte es scheinen, Kirschen schenkte er den Kleinen...“ Ein hussitischer Krieger reicht den Kindern die süßen Früchte.
(Foto: Torsten Biel)

Etwa 1.100 Darsteller und über 100 Musikanten zählte der Festumzug diesmal und führte erstmals wieder auf alter und bewährter Strecke entlang - vom Salztor über Linden-, Post- und Marienring durch die Marienstraße zum Markt und von hier aus zum Curt-Becker-Platz mit Ziel Vogelwiese. Tausende Gäste säumten die Straßen und Plätze. Für viele eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit bei hochsommerlichen Temperaturen - wohl dem, der da von den Darstellern ein Wasser, Bier oder einen Wein gereicht bekam und ein schattiges Plätzchen fand. Auch süße Kirschen waren nicht zu verachten. Mit etwas Glück erhaschte man sogar eine Dusche der alten Waschweiber vom Gänsegries. Mit teils schweren Roben war die große Hitze erst recht eine Strapaze für die Darsteller.

Tolle Kostüme, schöne Bilder und strahlende Kinderaugen. Etwa 1.100 Darsteller zählt der Umzug.
Tolle Kostüme, schöne Bilder und strahlende Kinderaugen. Etwa 1.100 Darsteller zählt der Umzug.
(Foto: Torsten Biel)
In den Gassen der Stadt ist das Leben bunt und frech: Die Waschweiber vom Gänsegries schicken feucht-fröhliche Grüße ins Publikum.
In den Gassen der Stadt ist das Leben bunt und frech: Die Waschweiber vom Gänsegries schicken feucht-fröhliche Grüße ins Publikum.
(Foto: Torsten Biel)
Kleiner Mann hoch zu Ross: Napoleon zieht in Naumburg ein.
Kleiner Mann hoch zu Ross: Napoleon zieht in Naumburg ein.
(Foto: Torsten Biel)
Die Holländermühle eine Nummer kleiner: Aus 250.000 Steinen war das Original  errichtet und 1879 erstmals in Betrieb genommen worden.
Die Holländermühle eine Nummer kleiner: Aus 250.000 Steinen war das Original errichtet und 1879 erstmals in Betrieb genommen worden.
(Foto: Torsten Biel)

Moderiert wurde der pünktlich gestartete und vergleichsweise flott verlaufende Umzug am Hauptort des Geschehens, dem Marktplatz, professionell von Mandy Grimme und Bernd Martin; spannende Erläuterungen zu den Bildern gab es auch am Salztor und Marienplatz, allerdings nicht am Curt-Becker-Platz, was viele dort enttäuscht zur Kenntnis nehmen mussten. Umgedreht konnten sich die Darsteller großen Beifalls (Handgeklapper) und Zuspruchs erfreuen.