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Von Dorf zu Dorf - Almrich Von Dorf zu Dorf - Almrich: Wurzeln fest verankert

Von Klaus-Dieter Kramer 30.07.2006, 08:47

Nein, Almrich ist schon lange kein Dorf mehr. Kühe oder Schweine halte hier wohl keiner mehr, gab es als Auskunft auf eine entsprechende Frage. Sicher entdeckten wir bei einer Stippvisite Schafe, hörten in Altalmrich hinter geschlossenen hohen Hoftoren Hühner gackern und Hunde bellen, werden sich hier und da auch noch Pferde, Kaninchen oder Tauben ihres Lebens erfreuen. Auch Gärten und Flurstücke werden bewirtschaftet, doch sind viele der alten Gehöfte und Bauernhöfe längst umgebaut oder gar abgerissen. Einige, die zu verfallen drohen, stehen zum Verkauf bereit.

Doch was uns ermutigt, durchaus vom dörflichen Leben zu sprechen, sind die gesellschaftlichen Strukturen, die in Almrich noch anzutreffen sind. Der Volkschor Altenburg an der Saale Naumburg-West, so sein vollständiger Name, ist eine feste Größe. Die Wurzeln dieses Männerchores, der seit 2001 von der zierlichen Lehrerin Ilona Schröder geleitet wird, reichen bis 1867 zurück. Den Kindergarten von Almrich, der in der Trägerschaft des evangelischen Kirchspiels Flemmingen-Almrich liegt, gibt es seit 115 Jahren. Er wurde von den Schwestern Emma und Gerda Schellbach als "Diakonissenstation und Kleinkinderschule" gegründet. Und um die Kirche St. Georg und ihre Erhaltung drehen sich etliche Initiativen. Es handelt sich ursprünglich um eine gotische Kirche mit dem Turm über dem Altarraum. Der Unterbau des Turms einschließlich des Chorbogens ist noch aus dieser Epoche erhalten. 1739 wurde das Kirchenschiff und das Glockengeschoss des Turms mit der "welschen Haube" neu gebaut. Aus dieser Zeit stammen wohl auch der Kanzelaltar und die Orgel. 1898 wurde die Kirche umfassend instand gesetzt. Nun kamen auch die Stützpfeiler an die Außenseite. 1997 / 98 wurde die Turmhaube saniert. Die Kirche besitzt zwei Glocken aus den Jahren 1786 und 1925. Das Becken des Taufsteins stammt aus Gernstedt (wohl 16. Jahrhundert). Heute präsentiert sich die Kirche als schlichte Barockkirche in idyllischer Lage. Es gibt Anstrengungen des Gemeindekirchenrates, die Ladegast-Orgel wieder in Schuss zu bringen. Almrich hat auch einen eigenen Friedhof.

Frisches Leben in den Stadtteil gebracht haben die Fußballer der Almricher Kickers, die auf der Krummen Hufe ihre Punktspiele austragen und dort trainieren. Sie kümmern sich auch mit dem in der Pfortastraße ansässigen Getränkemarkt von Doris Schwabe um die Sommerfeste, an jedem ersten August-Wochenende, auf dem Sportplatz in Altalmrich. Den volkstümlichen Namen trägt auch der Almricher Hort, der in der Albert-Schweitzer-Schule sein Domizil hat. Die Schule, kurz vor der Schweinsbrücken-Kurve quasi außerhalb der "Ortsgrenzen" von Almrich errichtet, hatte die alte Dorfschule abgelöst. Weit weg vom Schuss erledigt in der Pfortastraße die Bildungseinrichtung RAG ihre Arbeit und bietet Jugendlichen die Chance zu einer beruflichen Ausbildung.

Almrich und die Weinberge bieten offensichtlich ein ganz angenehmes Wohnumfeld für Sportler. Die sechsmalige DDR-Meisterin im Rollkunstlaufen Renate Löser (jetzt Schmidt) lebt hier, ebenso die Fußballer Burkhard Schwalb und Peter Gorges, nicht zu vergessen die Läuferfamilien Dörfel, Wege, Schmidt und Zimmer. Dieter Lang, mit dem wir diesen Rundgang begonnen haben, wirkte seit 1979 im Gemeindekirchenrat mit, kümmerte sich als Küster um viele Dinge, hat vom Streichen der Bänke bis zur Entwässerung der Kirche schon an mancher Stelle der Kirche selbst Hand angelegt und ist bei der Sanierung in die Rolle des Bauleiters geschlüpft. Jetzt hat er eine neue Aufgabe gefunden. Mit Horst Becker, mit dem er schon in der Kirche sehr aktiv war, kümmert er sich um das Mitte der 1920er Jahre errichtete Kriegerdenkmal in der Hauptstraße. Eine alte Postkartenansicht dient den beiden Männern als Vorlage. Gut abgestimmt mit dem Naumburger Gartenbauamt und den Experten des Denkmalschutzes, geben sie dieser Anlage am Hang ihr altes Antlitz zurück und sichern fachgerecht die bauliche Substanz.

Sicher bereiten die den Ort durchschneidende, viel befahrene Bundesstraße 87, der Zustand mancher Straße und der Kleinen Saale den Anwohnern immer wieder Verdruss. Doch leben sie offensichtlich gern in diesem Teil Heimat - gleich ob er Altenburg, Almrich, Naumburg-West oder gar Wohnbezirk 24 geheißen hat, als Dorf oder Stadtteil bezeichnet wird.