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Corona-Pandemie Landrat übt Kritik an geplanten Schulschließungen

Hiesige Zahlen steigen an. Änderungen in Quarantäne-Vorgaben.

15.04.2021, 09:47

Naumburg - Der Landrat behielt - was leider auch so zu erwarten war - recht: Die niedrigeren Infektionswerte rund um die Osterfeiertage waren trügerisch, wie er schon vor einer Woche befürchtet hatte. Mit einer neuen Sieben-Tage-Inzidenz von 384 spannt sich die Corona-Lage im Burgenlandkreis weiter an, wenngleich Amtsärztin Dr. Ina Schmidt auf der wöchentlichen Pressekonferenz am gestrigen Mittwoch davon berichtete, dass die Kliniken mit geimpftem Personal und freien Betten derzeit nicht überfordert sind. Maßgebliches Thema der Pressekonferenz aber: die Lage an den Schulen.

Unterricht ja oder nein? Die Schulen im Burgenlandkreis bleiben auch in der kommenden Woche geöffnet, stellte Landrat Götz Ulrich (CDU) gleich zu Beginn fest. Dann nämlich werde man das Pilotprojekt „Sichere Schule in der Hochinzidenz“ abschließen. Wie es danach weitergeht, liege an den Vorgaben des Bundes. Ulrich befürchtet die aus Berlin angekündigte Schulschließungen in Regionen mit einer Inzidenz über 200. Ein Schritt, den der Landrat für falsch und zu pauschal hält, wie er zum Ausdruck brachte.

Schulen sind keine Pandemie-Treiber zeigen Untersuchungen

Dass Schulen keine Pandemie-Treiber sind, darauf würden die ersten Erkenntnisse des Pilotprojektes hinweisen, erklärte Professor Dr. Thomas Frese von der Universität Halle-Wittenberg, die das Vorgehen im Kreis wissenschaftlich begleitet. Nur etwa 30 von über 90.000 Tests in den Schulen seien in den vergangenen Wochen positiv ausgefallen, nicht einmal war ein Lehrer betroffen.

Frese bedankte sich für die Kooperation von Schulen, Eltern und Schülern. Die „Lolli“-Tests seien die richtige Wahl gewesen, wenngleich man ab kommender Woche auf die „Nasenbohrer“-Modelle umsteigt. Auch diese sind einfach anzuwenden und wenig beeinträchtigend, wie Frese demonstrierte, als er sich in der Pressekonferenz ein Teststäbchen lediglich zwei Zentimeter tief in die Nase schob. Die Abkehr von den „Lollis“ (Ausnahme: spezielle Förderschulen) erklärte Götz Ulrich damit, dass die Finanzierung durch das Land planmäßig auslaufe. Magdeburg stellt nun kostenlos die „Nasenbohrer“ zur Verfügung. Aus eigener Tasche bei den „Lollis“ zu bleiben, würde wöchentlich rund 220.000 Euro verschlingen, was der Kreishaushalt nicht hergebe, so der Landrat.

Er erklärte des Weiteren, dass das kurzzeitige, gerichtlich verfügte Aussetzen der Schnelltests-Verordnung für den Burgenlandkreis nicht gelte, da man hier schon zuvor eine rechtssichere Verordnung erlassen habe, die einen negativen Schnelltest als Bedingung zur Teilnahme am Präsenzunterricht nennt.

Immunisierungsquote über Landesdurchschnitt

Weitere Schutzmaßnahmen: Von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nun die Initiative ergriffen hat, um die Pandemie konsequenter zu bekämpfen, fühlt sich Götz Ulrich nicht persönlich angesprochen. Man habe hier im Kreis einige Dinge, die nun bundesweit kommen sollen, bereits in Angriff genommen, etwa das Testen in Betrieben. Und bei den Schulen sei man eben unterschiedlicher Meinung. Unabhängig von der Entscheidung in Berlin gelten im Burgenlandkreis ab Montag aber aufgrund von Hinweisen des Robert-Koch-Instituts zwei neue Regelungen. So muss sich ein jeder bei Ende der eigenen Quarantäne einem Schnelltest unterziehen, wobei ein positives Ergebnis die Quarantäne verlängert. Zum anderen erhalten vollständig Geimpfte sowie ehemalige Infizierte, die bereits geimpft sind, die Freiheit, bei einem relevanten Kontakt nicht mehr in Quarantäne zu müssen.

Immunisierungen: Beim Thema Impfen sieht Götz Ulrich den Landkreis weiter in einer sehr guten Position. 42.329 Erst-Impfungen und damit eine Quote von 23,7 Prozent - dies liege deutlich über dem Landesdurchschnitt von 17 Prozent. Die Kreisverwaltung plant, am heutigen Donnerstag 5.000 weitere Termine freizuschalten, die online oder telefonisch gebucht werden können. Ein Großteil der nun erwarteten Dosen werde aber für anstehende Zweit-Impfungen gebraucht.

Infektionen werden über das berufliche Umfeld in die Familie getragen

Auf die Frage, warum trotz Impf-Erfolgen und allerlei Maßnahmen dennoch eine sehr hohe Inzidenz zu verzeichnen sei, verwiesen Schmidt und Ulrich zum einen auf die große Zahl an Tests sowie auf die hohen Inzidenzen in den Nachbarkreisen. Oft werden Infektionen über das berufliche Umfeld in die Familie getragen, wo die Mutation für eine flächige Verbreitung sorgt. Betroffen sind altersmäßig denn auch vorrangig Berufstätige. Die beiden jüngsten an und mit Covid verstorbenen Männer und Frauen der vergangenen Tage waren laut Ina Schmidt 53 und 64 Jahre alt. (Harald Boltze)