Kreis gibt Angehörigen in der Wenzelskirche die Möglichkeit, sich von Verstorbenen zu verabschieden Keine Pflichtaufgabe
Requiem in Naumburg: Ministerpräsident spürt „Zuversicht“.

Naumburg - Es hätte eine Pflichtaufgabe werden können. Schließlich hat die Kreisverwaltung mit ihren Verordnungen (und mit denen des Landes, die umzusetzen waren) den Menschen das Trauern in der Corona-Zeit erschwert, im Rahmen von Trauerfeiern oft unmöglich gemacht. Also lädt man nun Hinterbliebene und Interessierte zu einer Gedenkveranstaltung mit Trauermarsch ein, kauft weiße Rosen und kann gleich noch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in Naumburg empfangen, was ja nicht aller Tage passiert.
Doch für den Landkreis, und insbesondere Götz Ulrich (CDU), war das Requiem, zu dem er am Mittwochabend in die Naumburger Wenzelskirche eingeladen hatte, keine Pflichtaufgabe. Schon formal nicht. Kein Gesetz, keine Tradition (woher auch?) fordert es. Ulrichs sehr persönlich gehaltene Rede war es, die den Stellenwert des Requiems für ihn deutlich machte. Ausdrücklich galt es allen Menschen, die in der Zeit der Pandemie gestorben sind, womit man eine unsägliche Debatte, ob Corona-Tote besonders zu ehren und sogar wertvoller sind, gleich im Keim erstickte.

Götz Ulrichs Großmutter war es, um die sich zu Beginn seiner Rede alles drehte. „Als im November 1998 meine Großmutter im Alter von 88 Jahren im Sterben lag, war unsere Familie an ihrer Seite. Wir wechselten uns ab, um sie auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Ich saß nächtens an ihrem Bett, wir sangen erst gemeinsam, dann ich allein, wir weinten und beteten. Und als der Tod über sie kam, hielt ich ihre erkaltende Hand.“ Die letzten Stunden mit der alten Dame, „die mich die ersten 14 Jahre meines Lebens erzogen, behütet, versorgt hat“, seien die einprägsamsten gewesen, die er mit ihr erlebte.
Ulrich ging lange darauf ein, wie wichtig diese letzten Stunden sind, dass sie Dankbarkeit und Versöhnung bringen können. Dass er nachts aufgewacht sei, weil „die Verantwortung“ für seine Entscheidungen, die Einschränkungen und Abstandsgebote, „wie Blei auf meinen Schultern lastete“, das vermittelte der Landrat glaubwürdig.

Bevor Ulrich sprach, hatte Ministerpräsident Haseloff die etwa 80 Anwesenden in der Wenzelskirche begrüßt. Auch er stellte die große Last, nicht entsprechend trauern und Abschied nehmen zu können, in den Vordergrund. Haseloff dankte aber auch den Menschen, vor allem der Jugend, die die Einschränkungen geduldig ertragen hätten. Dies gebe ihm Zuversicht, denn: „Ohne Solidarität werden wir diese Prüfung nicht bestehen.“ Ähnlich hatte dies auch Pfarrerin Christina Lang gesehen, die sagte: „Wir merken, wir sind verwundbar und aufeinander angewiesen, und wir haben nicht alles selbst in der Hand.“
In der Hand hielten alle Besucher und Angehörige jedoch weiße Rosen, die dort abgelegt werden konnten, wo zuvor Kerzen für namentlich Erwähnte, aber gleichwohl für alle Verstorbenen während der Pandemie angezündet worden waren. Die musikalische Begleitung des Requiems hatten Wenzelsorganist Nicolas Berndt an der Hildebrandtorgel, Thomas Fritzsch mit seiner Viola da gamba, der Gewandhausorganist Michael Schönheit und die Instrumentalisten der „Merseburger Hofmusik“ übernommen.