Blauwalschwerer Antrieb auf Reisen
Herrengosserstedt. - Der Baden-Württemberger ist kein Hüne, eher klein und schmächtig. Seit neun Jahren arbeitet er für die Spedition Gutmann in Schutterwald bei Offenburg, die sich auf Schwerlasttransporte spezialisiert hat und oft von dem Hersteller der Tunnelbohrmaschine, der Firma Herrenknecht, Aufträge erhält. "Keine Fahrt ist alltäglich. Denn die Strecke ist immer eine andere", erzählt der Fernfahrer, der den Respekt vor mächtigen Transportgütern bisher noch nicht verloren hat.
Begleitet wird der 35 Meter lange Sattelschlepper auf den insgesamt 143 Kilometern von Thomas Parthum und seinen Mitarbeitern. Seine Firma aus dem sächsischen Crimmitschau sorgt für den reibungslosen Ablauf, montiert Straßenschilder ab, legt Stahlplatten aus, um Gehwege zu schützen oder um heil über unbefestigten Boden fahren zu können. "Drei Monate nahm die Vorbereitung des Transportes in Anspruch", erklärt Thomas Parthum. Neben statischen Überprüfungen wurden im Vorfeld Straßen und Brücken vermessen, die endgültige Route bestimmt. "Und die ist grundsätzlich nicht die kürzeste", versichert Peter Materna von der Genossenschaft für Schwertransporte und Kranbetrieb, der ebenfalls den Tross seit Mittwochabend begleitet. Ab Bad Kösen stoßen auch vier Polizisten der Revierstationen Freyburg und der Kurstadt hinzu.
Nach zwei Kreisverkehren in Weißenfels erwartet Rolf Knobloch in Bad Kösen ein weiteres Nadelöhr seiner Tour, auf der er nicht nur starke Nerven, sondern auch rund 160 Liter Diesel pro Hundert Kilometer benötigt. Er muss eine scharfe Kurve und die Brückenunterführung meistern. Im Schritttempo. "Jetzt wird es mächtig eng", kommentiert Thomas Parthum das Geschehen. Nach der Baustelle in Taugwitz, in der die Baken zur Seite geräumt werden, steht für den Schwerlasttransport die größte Belastungsprobe bevor: die Altstadt von Eckartsberga, entgegen der Einbahnstraße, den Berg hinab. Noch bevor er die Finnestadt erreicht, versammeln sich die ersten Einwohner, um das Spektakel zu verfolgen. Darunter ist auch Ralf-Dieter Gent. "Das musste ich mir einfach anschauen", bemerkt der Inhaber des Hotels und Restaurant Am Markt, hat er doch schon eine ganze Menge mit den Arbeiten am zukünftigen Finnetunnel zu tun. Denn in seinem Haus übernachten einige jener Ingenieure, die auf der Großbaustelle vor den Toren Herrengosserstedts arbeiten.
Knapp eine Stunde nach dem Start in Bad Kösen passiert der 6,10 Meter breite Transport die enge Hauptstraße in Eckartsberga. Meter für Meter lässt er hinter sich mit nur wenigen Zentimetern Abstand zwischen Häuserwänden und dem Antrieb der Tunnelbohrmaschine. Nicht nur Harald Razniewski von der Bauüberwachung macht mit einer kleinen Videokamera Aufzeichnungen. Auch Thomas Parthum hat seine Kamera in der Jackentasche parat. Er legt noch meterlange Kanthölzer aus, damit der schwere Brummi einen Fußweg erklimmen kann. Während dessen lobt er die Zusammenarbeit mit der Polizei und die Einwohner von Eckartsberga, die ohne zu Murren die Einschränkungen wie das Halteverbot akzeptierten. Eine halbe Stunde vor Mitternacht wird die Finnestadt schließlich gemeistert. Bis jedoch die gigantische Knopfbatterie ihr Ziel auf der Baustelle erreicht, werden noch mehr als zwei Stunden vergehen.