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Marjolijn van den Assem im Nietzsche-Dokumentationszentrum in Naumburg „Bewusstsein vom Schein“: Niederländerin stellt neues Werk vor

Band, der in vier Sprachen gleichzeitig erschienen ist, ist mehr als eine Werke-Sammlung.

Von Jana Kainz Aktualisiert: 13.10.2021, 14:47
Kurz vor der Präsentation blättern Künstlerin  Marjolijn van den Assem und Ralf Eichberg, Leiter des Nietzsche-Dokumentationszentrums,  in dem neuen Buch „Bewusstsein vom  Schein“, das in vier Sprachen erschienen ist.
Kurz vor der Präsentation blättern Künstlerin Marjolijn van den Assem und Ralf Eichberg, Leiter des Nietzsche-Dokumentationszentrums, in dem neuen Buch „Bewusstsein vom Schein“, das in vier Sprachen erschienen ist. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Im Alter von 30 Jahren begann sie, Nietzsche-Texte zu lesen. Marjolijn van den Assem war wie gebannt. Nietzsches niedergeschriebene Gedankenwelt ließ sie nicht wieder los, beeinflusste und bestimmte fortan ihr künstlerisches Schaffen, für das sie des Öfteren auf Nietzsches Spuren wandelte. Drei Bücher mit ihren im Rotterdamer Atelier entstandenen Werken sind bereits gefüllt und zieren über den Globus verteilt manches Bücherregal. Nun, mit Buch Nummer vier hat sie ein weiteres Ziel auf ihrer Reise erreicht. „Bewusstsein vom Schein. Über das Schauspiel zwischen Brief und Gegenbrief“ - so der Buchtitel - stellte sie dieser Tage der Welt in Naumburg vor.

Es ist ein sündhaft teures Buch bezüglich der Herstellungskosten. Doch dank vieler Unterstützer, die an sie glaubten und das Projekt mit finanzierten, und dem Geld jenes Preises, den sie vor zwei Jahren von der Stadt Rotterdam verliehen bekommen hat, konnte die Künstlerin ihren Traum von diesem Buch, das in vier Sprachen erschienen ist und von dem 600 Exemplare gedruckt wurden, realisieren.

60 Zeichnungen im Zentrum des Bandes

In ihm ist ihr künstlerisches Schaffen der vergangenen sieben Jahre vereint. Im Zentrum stehen die auf Transparentpapier gedruckte, 60 Zeichnungen umfassende Serie „bewustzijn van schijn“. Damit die Bleistiftzeichnungen lebendig würden, brauchte es ein besonderes Transparentpapier. Fündig wurde sie in Italien. Der Preis - sündhaft. „Doch ich wollte es unbedingt“, sagt sie. Wie ihre Zeichnungen durch dieses Papier scheinen, steht symbolisch für ihre Erkenntnis: „Die ganze Welt ist Schein, man kann es sehen wie ein Theater.“ Daher sei sie dankbar, dass es die Kunst gibt, um sich ausdrücken zu können. „Sie ist allumfassend“, sagt die Niederländerin, die in ihrem Atelier „die Königin der Welt ist“, über die Kunst.

Es sei ihr aber nicht um die Zusammenstellung ihres Schaffens der vergangenen sieben Jahre gegangen. Vielmehr, sagt sie, „musste ich dringend meine Geschichte erzählen, basierend auf Nietzsches Aphorismen“. Auf diese sei sie gestoßen, als sie einen Brief, den Friedrich Hölderlin einem Freund schickte, mit Schreibfeder 350-mal abschrieb. „Bei der 325. Abschrift stahl sich ungewollt ein Nietzsche-Zitat in Hölderlins Text“, das sie wiederum zu Nietzsches Aphorismen „Das Bewußtsein vom Scheine“ und „Unsere letzte Dankbarkeit gegen die Kunst“ führte und ihre tiefe Auseinandersetzung mit beiden weiter bis zum Schauspiel. „Die Bühne, auf der wir agieren“, sagt sie, „auf der die Kostümierung einen Zweck verfolgt, und der Firnis glänzt, brachte mich zum Wahrheitsgehalt der täglichen Berichterstattung, zum Spiel der Troubadoure. Was untergraben sie, was muss man sezieren?“

Parallelwelt inspiriert zu Gegenbriefen

So fand sie den Begriff der Täuschung. Diese Parallelwelt, wie sie sie nennt, habe sie bewogen, Gegenbriefe zu schreiben - ihre Korrespondenz zur Außenwelt. Entstanden sind Werke für die über Karton Tinte fließt oder Bleistiftstriche tanzen, Texte, die einem Vorhang gleich den Blick auf Malereien freigeben, Werke, in denen sie die auf ihren Nietzsche-Reisen gemachten natürlichen Funde integriert, oder auch Papierarbeiten in 3-D. Zu sehen sind die im vierten Buch versammelten Werke im Original vom 26. November an bis zum 13. Februar 2022 im Ausstellungsraum „Tent“ in Rotterdam.

Zu haben ist Marjolijn van den Assems „Bewusstsein vom Schein“ für 42,50 Euro im Nietzsche-Haus Naumburg, ISBN 978-94-6226-399-4.