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Awo-Verband setzt Frist, Phönix geht

Von MICHAEL HEISE 20.08.2009, 16:57

BAD KÖSEN/NAUMBURG. - Die Tage des Kinderheimes "Ludwig Renn" in Bad Kösen sind gezählt. Wie das Kinderhaus "Pusteblume" auch - mit ihm nutzt man die Immobilie in der Breitscheidstraße 3 - , wird es ab nächstem Jahr eine neue Bleibe haben. Während erstere jedoch aus Platzgründen umziehen und schon Räume im einstigen Lielje-Verwaltungsgebäude Eckartsbergaer Straße 2 herrichten (wir berichteten), geht das Kinderheim nicht ganz freiwillig. Vielmehr ist ihm zum 31. Januar der Mietvertrag gekündigt worden. Die Immobilie gehört der Stadt, die sie wiederum für 99 Jahre per Erbbaupachtvertrag an den Awo-Kreisverband übertragen hatte. Ursache der Kündigung ist, dass das Kinderheim von der einstigen 100-Prozent-Awo-Tochter und heute selbstständigen Phönix Soziale Dienste gGmbH betrieben wird - und mit der liegt der Kreisverband ordentlich verquer, längst sogar vor Gericht (siehe "Hintergrund").

Egal wie der Rechtsstreit ausgeht, für das Kinderheim ist Bad Kösen keine Option mehr. Phönix-Geschäftsführerin Renate Schröder: "Wir haben zwar seit 1998 etwa 150 000 Euro in das Objekt investiert und würden es gern weiterbetreiben. Doch, es gehört der Awo. Uns fehlt die Handhabe." Phönix sucht deshalb auf Hochtouren nach einer passenden Alternative. Wegen zwei bis drei Objekten sei man in Verhandlungen mit Maklern, aber, so Schröder, in jedes Haus müsse wegen hohen Sanierungsaufwandes erheblich investiert werden: "Das Gebäude soll ja auf die Bedürfnisse eines Kinderheimes zugeschnitten sein. Wir brauchen ja schon allein zwölf Einzelzimmer." In Bad Kösen jedenfalls sei man nicht fündig geworden, was vor allem Heimleiterin Simone Brinkmann bedauert: "Seit 1995 gibt es dort ein Kinderheim. Und gerade der Umstand, dass es sich in einer Kurstadt befindet, war ja von Vorteil." Phönix rechnet nun mit mindestens rund 80 000 Euro, die in eine neue Immobilie zu investieren sind. "Da müssen vorerst andere Dinge zurückstehen", klagt Chefin Renate Schröder.

Der Awo-Kreisverband verweist indes darauf, dass es keinerlei Verträge gebe, die die Phönix gGmbH zur Nutzung des Hauses in Bad Kösen berechtigen würden. Deshalb macht dieser "in Absprache mit der Stadt Bad Kösen seine Rechte an dem Grundstück geltend und hat von der Phönix gGmbH aufgrund der unrechtmäßigen Nutzung die Räumung zum 31. Januar 2010 verlangt." Vorab habe man eine Räumungsfrist von einem halben Jahr gewährt, heißt es in einer Stellungnahme. Die "breite Diskussion in der Öffentlichkeit" um das Kinderheim sei unverständlich, da sich Phönix ohnehin seit langem um eine Alternative bemühe.

Wie der Awo-Kreisverband mit dem bald freistehenden Objekt umgeht, dazu machte er keine Angaben. Gleichwohl gib es Interessenten. So die Medinet AG, die sich eine Nutzung vorstellen könnte. Das Unternehmen betreibt die Burgenlandklinik gleich gegenüber. Deren Verwaltungsleiterin Angret Neubauer bestätigte entsprechende Überlegungen, sagte aber: "Es gab dazu Gespräche mit dem Bürgermeister, mehr jedoch nicht. Schließlich muss sich erst die Awo äußern. Für uns jedenfalls wäre es sehr unerfreulich, würde das Gebäudeensemble leer stehen." Bürgermeister Gerd Förster (parteilos) macht indes keinen Hehl daraus, dass der Stadt die Medinet AG als Partner am liebsten wäre. "Das Unternehmen ist mit seiner Klinik gut aufgestellt und - was das wichtigste ist - es befindet sich im Ort."