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Neue Brücke über Saale in Bad Kösen Aluminium oder Holz?

So oder so: Der Saale-Radweg muss verlegt werden.

15.04.2021, 09:28

Bad Kösen - Eine neue Brücke für Fußgänger und Radfahrer über die Saale in Bad Kösen wird kommen. Nur wann? Und wie wird sie aussehen? Beides ist offen. Immerhin: Die Planung soll so schnell wie möglich beginnen. 250.000 Euro hat die Stadt dafür im diesjährigen Haushalt - beschlossen ist er allerdings noch nicht - reserviert. Grundlage ist eine Konzeptstudie des Lützener Ingenieurbüros Steinbacher Consult, die drei Varianten beleuchtet: aus Holz, aus Stahl und aus Aluminium. Mittlerweile ist die Studie kein Geheimnis mehr und wurde bereits auch im Bad Kösener Ortschaftsrat vorgestellt.

Offen für Vorschläge

Favorit bisher: eine Konstruktion aus Aluminium. Sie ist laut Steinbacher die wirtschaftlichste und am schnellsten umzusetzende. Als maßgebliche Vorteile werden dabei das vergleichsweise geringe Eigengewicht, Korrosionsfreiheit, eine einfache Montage, wenig Unterhaltungsaufwand, niedrigere Einkaufskosten und eine hohe Lebensdauer von über 70 Jahren genannt. Die im April 2020 wegen Einsturzgefahr abgerissene Brücke aus Tropenholz machte nicht einmal die 30 voll. Sind damit die Würfel bereits gefallen?

Die Stadt macht keinen Hehl daraus, dass die Alu-Variante aus oben genannten Gründen sehr wahrscheinlich ist, zeigt sich aber offen für Vorschläge. Einer davon kommt vom Naumburger Ralf Baumgart, Geschäftsführer der Baumgart und Thomas Holzbau GmbH, die unter anderem das Bad Kösener Kunstgestänge erneuert hat. Und Baumgart favorisiert eine überdachte Holzbrücke à la Luzern/Schweiz oder Buchfart/Thüringen. Oder wie in Kinzig in Hessen. Dort ist gerade eine neue und in der Dimension ähnliche Brücke wie die geplante in Bad Kösen (Gesamtspannweite 90 Meter) fertiggestellt worden.

Für mich zählt, dass alle Möglichkeiten ins Feld geführt und mehrere Stimmen gehört werden.

Ortsbürgermeister Holger Fritzsche

Der Unternehmer hatte Ortsbürgermeister Holger Fritzsche (BBK) auf jene, aus seiner Sicht besser in die Landschaft passende, Variante hingewiesen, der wiederum stellte sie zur jüngsten Ratssitzung im Beisein der Stadtverwaltung zur Disposition - worauf diese von Baumgart ein Angebot einforderte. Dieses liegt mittlerweile im Rathaus vor und soll genauso in die Waagschale geworfen werden wie ein Alternativ-Vorschlag des Bad Kösener Unternehmers Michael Behrens, der auf die Möglichkeit verwies, eine bereits geplante, aber der Situation angepasste Konstruktion zu verwenden, was aus seiner Sicht deutlich preiswerter käme. Fritzsche hatte auch deswegen die Stadt aufgefordert, alle Möglichkeiten zu prüfen.

Zurück zur Version einer überdachten Holzbrücke. Könnte sie tatsächlich eine praktikable Alternative zu Aluminium sein? Geht es nach Ralf Baumgart, auf jeden Fall. „Wir bekämen eine Brücke, die aus meiner Sicht nur Vorteile mit sich bringt. Durch die Überdachung und Verwendung witterungsbeständigen Lärchenholzes an den Seiten hat sie mindestens eine Lebensdauer von 60 Jahren. Ihr Eigenschwingverhalten ist besser als das einer Alu-Konstruktion, und sie wäre vollkommen nachhaltig, da sie unter anderem aus einheimischen Hölzern bestünde. Die Unterhaltungsmaßnahmen hielten sich in Grenzen. Das Wichtigste aber ist, dass sie sich nicht nur besser in die Landschaft einfügen würde, sondern ein Alleinstellungsmerkmal hätte“, wirbt Baumgart, der im Falle einer Auftragsvergabe ein Fertigungsunternehmen aus Hermsdorf an der Seite wüsste. Sollte eine Holzbrücke den Zuschlag bekommen, sein Unternehmen aber nicht - schließlich muss eine europaweite Ausschreibung des Baus erfolgen -, sähe er es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es wäre etwas Besonderes in der Region, eine neue Sehenswürdigkeit, entstanden. Das zählt“, sagt er.

Abweichende Angaben

So extravagant eine überdachte Holzbrücke auch wäre - ob sie zum Zuge kommt, wird letztlich am Geld hängen, nicht nur wegen der Bau-, sondern auch der Unterhaltungskosten. Die Angaben der „Anbieter“ differieren hierbei. Während Steinbacher Consult von höheren Baukosten im Falle einer bereits nicht überdachten Holzbrücke spricht, setzt sie Ralf Baumgart in „maximal gleicher Höhe“ wie bei einer Alu-Brücke an. Auch bei den Folgekosten bleiben Fragen offen. „Die Unterhaltung zur dauerhaften Gewährleistung des Holzschutzes ist kostenintensiver als bei allen anderen Materialien“, schreiben die Lützener in ihrer Studie, die diese jedoch auf eine „frei bewitterte“ Variante beziehen. „Aber selbst mit Überdachung wird es teurer als mit einer Aluminium-Konstruktion“, meint Planer Felix Kniebel. Gabriele Democh, Sachgebietsleiterin Tief- und Gartenbau bei der Stadt, bekräftigt: „Wir haben beides im Blick - die Bau- und die Nebenkosten.“ Vollkommen offen ist, ob die vorhandenen Stützpfeiler wiederverwendet werden können. Die Stadt geht bislang von einer Sanierung derer aus.

Für Ortsbürgermeister Holger Fritzsche ist die Welt erst einmal so oder so in Ordnung: „Für mich zählt, dass alle Möglichkeiten ins Feld geführt und mehrere Stimmen gehört werden. Dass die Brücke gebaut wird, ist wichtig. Die alte fehlt schon jetzt erheblich.“

Stadt setzt auf Fördermittel vom Land

Soll die Brücke gebaut werden, dann kann die Stadt nach eigenem Bekunden die Kosten nicht allein stemmen. Im Gegenteil setzt sie auf eine 90-prozentige Förderung aus dem Radwege-Programm des Landes. Anders als bislang angenommen, reicht es aber nicht, dass wie bis zum Abriss der alten Brücke auch über die neue lediglich eine Ausweichroute des ansonsten beschwerlich via Rudelsburg zu nehmenden Saale-Radwegs führt. Der Abschnitt müsste dann ausschließlich auf der Brücke und damit der Landesstraße durch Saaleck und Lengefeld liegen. Die Stadt spricht allerdings von einer „Trassenerweiterung“, da die alte Strecke gleichsam Teil des Radfernweges D11 zwischen Ostsee und Oberbayern ist. Entscheiden muss darüber das Landesverwaltungsamt in Halle. Fördermittel für das Projekt können laut Amtsleiterin Gabriele Democh erst beantragt werden, wenn die Entwurfsplanung steht. Für diese wiederum bedarf es eines genehmigten städtischen Haushalts. (Michael Heise)