1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Wurde Straße wegen der Amphibientunnel zu hoch gebaut?

Nase voll vom Lärm Wurde Straße wegen der Amphibientunnel zu hoch gebaut?

Von Undine Freyberg Aktualisiert: 01.06.2021, 14:00
Anwohner aus Kötzschen wehren sich unter vanderem mit einem Banner gegen der Lärm durch die L 178n.
Anwohner aus Kötzschen wehren sich unter vanderem mit einem Banner gegen der Lärm durch die L 178n. (Foto: Undine Freyberg)

Merseburg - Der Wind steht schlecht an diesem Tag. Er weht den Lärm der Autos weg von der Straße aufs freie Feld und nicht der Wohnbebauung und der Gruppe entgegen, die sich hier an der neuen L178n versammelt hat. Eine in Gründung befindliche Bürgerinitiative „Lärmschutz“ aus Kötzschen hatte mehrere Politiker, die aktuell für den Landtag kandidieren, eingeladen, um ihre Problemlage zu schildern und um Unterstützung zu bitten.

„Morgens um 4 Uhr ist bei mir die Nacht zu Ende“, erzählt Uwe Zwerenz. „Da ist an Schlaf nicht mehr zu denken“, sagt der Mann aus dem Starweg. Bei Dietmar und Angela Strohm ist es ähnlich. Sie wohnen zwar in der Geschwister-Scholl-Straße und damit in der zweiten Reihe. Den Krach der Raser von der L178n hören sie trotzdem. „Als wir 1998 hierher gezogen sind, war das hier das Paradies“, sagt Angela Strohm. Jetzt sei es kaum noch auszuhalten. Eigentlich müsste man immer mit geschlossenem Fenster schlafen. „Aber man muss ja auch mal lüften.“

Die meisten halten sich nicht an die vorgeschriebenen 70 Kilometer pro Stunde

Seit der Eröffnung der neuen Umgehungsstraße für Merseburg-Süd leiden die Anwohner nicht nur unter dem Dauerrauschen, das der Verkehr verursacht. Immer wieder knallt es sogar regelrecht. Schuld daran ist nach Ansicht vieler nicht nur die Fahrweise vieler Fahrzeugführer. Die meisten hielten sich nämlich nicht an die vorgeschriebenen 70 Kilometer pro Stunde. Eine falsch dimensionierte Lärmschutzwand tue eher das Gegenteil von dem, wozu sie eigentlich da ist. Die Anwohner würden kaum geschützt, sondern belästigt. Gelange nämlich ein Raser an das Ende der aus ihrer Sicht viel zu kurzen und zu niedrigen Wand, führe das immer zu extrem lauten Geräuschen. Die Straße sei außerdem im Verhältnis zur Schutzwand viel zu hoch gebaut. Einige Anwohner vermuten, dass das damit zusammenhängt, dass die 18 gebauten Amphibientunnel, durch die die Straße erhöht werden musste, bei der Planung der Lärmschutzwand nicht berücksichtigt wurden. „Das Leben der Lurche ist hier wichtiger als das der Menschen“, sagt ein Anwohner.

Im Gespräch mit der Bürgerinitiative  wegen der Belästigungen durch die L178n: die Landtagskandidaten Andreas Schmidt (l.), Sven Czekalla (M.), Kerstin Eisenreich (3.v.) und Sebastian Striegel (r.)
Im Gespräch mit der Bürgerinitiative wegen der Belästigungen durch die L178n: die Landtagskandidaten Andreas Schmidt (l.), Sven Czekalla (M.), Kerstin Eisenreich (3.v.) und Sebastian Striegel (r.)
(Foto: Undine Freyberg)

Die Mitglieder der in Gründung befindlichen Bürgerinitiative haben dies und auch die Raserei auf der Strecke durch regelmäßige Videoaufnahmen dokumentiert und den Ordnungsbehörden zur Verfügung gestellt. „Mittlerweile hören wir schon, wie schnell die fahren“, sagt Steffen Homberg. „Beinahe schon wie menschliche Messgeräte.“ Hin und wieder kontrolliert die Polizei dort auch die Geschwindigkeit. Da der Blitzer jedoch bereits hunderte Meter im Voraus sichtbar ist, tappen Autofahrer nur selten in die Falle.

„Wir werden nicht aufgeben“

„Ich frage mich, ob hier schon mal der neue Enforcement Trailer, der Superblitzer der Polizei, gestanden hat“, schlägt Sebastian Striegel (Grüne) vor. Alle anwesenden Kandidaten waren sich einig, dass sie sich in der Landespolitik nur gemeinsam für Veränderungen im Bereich der L178n einsetzen können, um das Leben der Anwohner wieder lebenswert zu machen. Denn aktuell leiden viele von ihnen unter Schlafstörungen, nutzen ihre Gärten am Haus kaum noch. Selbst Kinder möchten nicht mehr, dass die Fenster geöffnet werden. Manche Anwohner denken schon über den Verkauf ihres Hauses nach.

„Wir werden nicht aufgeben“, sagt Oliver Jakobi von der Bürgerinitiative. Seine Frau Theresa hat ein großes Banner mit der Aufschrift „Laut ist out“ gemalt, dass den Autofahrern klar machen soll, dass sie die Gesundheit der Anwohner gefährden. Wo das Banner aufgehängt werden kann, steht allerdings noch nicht fest.

Die Anwohner haben mittlerweile eine Petition verfasst, in der sie eine Absenkung der Geschwindigkeit auf der L178n von 70 auf 50 fordern. „Und natürlich die Überwachung der Geschwindigkeit und eine Verbesserung des Schallschutzes wodurch auch immer“, sagt Jakobi. Im Gespräch waren bisher zwei stationäre Blitzer und ein zusätzlicher Lärmschutzwall. Das Ziel der Anwohner ist, dass sich der neue Landtag mit dem Thema und dem Schutz der Anwohner in Kötzschen beschäftigen muss. (mz)