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Mit Glöckchen gegen Bären West Coast Trail: Wie sich ein Merseburger auf Abenteuertour in der kanadischen Wildnis Bären vom Hals hält

Von Diana Dünschel 06.11.2017, 13:59
So schön ist Kanada! Hjördis Jüttner, Frank Pelny und Tony Kräker (von links) können das Land nur empfehlen.
So schön ist Kanada! Hjördis Jüttner, Frank Pelny und Tony Kräker (von links) können das Land nur empfehlen. Tony Kräker

Merseburg - Er wollte ein Abenteuer, und er bekam es. Der gebürtige Merseburger Tony Kräker verbrachte seinen diesjährigen Urlaub als Wildnistrip auf dem berühmt-berüchtigten West Coast Trail in Kanada. Das ist eine 75 Kilometer lange Wanderung durch ursprüngliche, ungezähmte Landschaft entlang der Pazifikküste. Unterwegs gibt es keine Unterkunft und keinen Verpflegungsstützpunkt. Es ist ein Weg, der als gefährlich und extrem anstrengend gilt.

Pumas, Wölfe und Bären leben in der Gegend. Doch nichts davon konnte den 35-Jährigen abschrecken. Das Bärenglöckchen sei als Abschreckung eingepackt, hatte er der MZ vor der Abreise noch gesagt.

Tony Kräker aus Merseburg reist durch Kanada: Glöckchen an Rucksack hielt Bären fern 

Gerade das erwies sich vor Ort übrigens als extrem nervtötend, berichtet Tony Kräker nun. Deshalb war es immer am Rucksack desjenigen befestigt, der am Schluss der kleinen Wandergruppe ging, die neben ihm noch aus seiner Freundin Hjördis Jüttner und seinem Karate-Trainer Frank Pelny bestand. Nichtsdestotrotz war das ständige Geklingel offenbar zu etwas gut. „Einmal habe ich nur wenige Meter neben mir ein Knurren gehört. Ich vermute, dass das ein Bär war“, erzählt der Abenteurer unter anderem.

Tony Kräker aus Merseburg auf Abenteuerreise durch Kanada: Beim Wandern beinahe abgestürzt

Neben Hunderten Fotos und Videos sowie dem Glöckchen ist ihm vom Kanada-Trip ein weiteres ungewöhnliches Souvenir geblieben: der Rest seines an sich stabilen Wanderstocks. Es erinnert ihn an den Schreckmoment, als er drohte abzustürzen. Ihm passierte nichts, der Stock zerbrach.

Tony Kräker zeigt Fotos vom „Weg“. Meterhohe Wurzeln und umgestürzte Bäume sind zu bewältigen, 108 manchmal nicht sehr stabil aussehende Brücken und 37 steile Leitersysteme. Der Wald links und rechts ist teils so dicht, dass man eine Machete bräuchte, um sich durchzukämpfen. Oft geht es links und rechts des Pfades steil bergab. Über Flüsse kommt man mit einer Art Seilbahn, die man freilich selbst bedienen muss.

Tony Kräker aus Merseburg auf Abenteuerreise durch Kanada: Wer auf dem West Coat Trail wandert, braucht starke Nerven

Wer hier wandert, braucht starke Nerven, das wird bei seinen Schilderungen schnell klar. An Raststellen für das Aufstellen der Zelte und für ein Lagerfeuer stehen so eine Art Streusandkisten. Da soll man alles hineinpacken, was die Bären anlocken könnte. Schilder warnen vor Wölfen. Dazu kommen die ungewohnten körperlichen Strapazen.

Da ist das Gewicht von mehr als 22 Kilogramm im Rucksack auf dem Rücken. Da sind Blasen an den Füßen. Außerdem ist es dem Trio einmal sogar passiert, dass einer durch einen 15 Grad Celsius kalten Fluss schwimmen musste, um an einer Quelle an frisches Trinkwasser zu kommen. Denn der Fluss selbst war unappetitlich weiß von Möwen und ihren Hinterlassenschaften.

Merseburger geht auf Abenteuerreise durch Kanada: Warum Tony Kräker noch nie so dankbar für Salami war

Apropos Verpflegung. Schon nach zwei Tagen süßen Müsliriegeln zum Frühstück und ebenso süßen getrockneten Früchten zum Mittagessen wurde Tony Kräker klar, dass das nicht die richtige Wahl für sechs Tage Wanderung war. Als ihm dann ein anderer Wanderer ein Stück Käse und etwas Salami schenkte, war er natürlich sehr dankbar.

Doch der 35-Jährige zieht unterm Strich ein positives Fazit und will unbedingt noch einmal nach Kanada zurück. „Schuld“ daran ist hauptsächlich die wunderschöne Natur. Er erzählt von Robben und Seeadlern und Walbeobachtung und zeigt Fotos vom Pazifik und traumhaften Sonnenuntergängen, die jedes Reiseposter verschönern würden. Übrigens hat er dann doch noch frei lebende Bären gesehen. Nicht auf dem West Coast Trail, aber auf einer Straße bei Vancouver. (mz)

Die von einem Wanderer vor langer Zeit zurückgelassenen Schuhe.
Die von einem Wanderer vor langer Zeit zurückgelassenen Schuhe.
Tony Kräker
Diese Seilbahn muss von jemandem per Hand bedient werden.
Diese Seilbahn muss von jemandem per Hand bedient werden.
Tony Kräker