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Von wegen Sylt Von wegen Sylt: Stadt Merseburg verärgert über schiefe Straßenlampen

Von Dirk Skrzypczak 03.08.2016, 15:15
Seit 2001 stehen die Grünen Riesen und die schiefen Laternen vor dem Bahnhof Westerland. Die Attraktion ist ein beliebtes Fotomotiv auf Sylt. Mehr Informationen gibt es dazu auch unter www.insel-sylt.de.
Seit 2001 stehen die Grünen Riesen und die schiefen Laternen vor dem Bahnhof Westerland. Die Attraktion ist ein beliebtes Fotomotiv auf Sylt. Mehr Informationen gibt es dazu auch unter www.insel-sylt.de. ISTS

Merseburg - In der Merseburger Innenstadt sind es derzeit die lustigsten Fotomotive: Straßenlaternen, die in der Wagnerstraße unweit der Kliaplatte krumm und schief sind. Sylt-Urlauber fühlen sich an den Bahnhofsvorplatz von Westerland auf der Nordsee-Insel erinnert. Dort ragen die „Grünen Riesen“ und Lichtmasten seit 2001 ebenfalls schräg gen Himmel, eine Hommage des Münchner Bildhauers Martin Wolke an die steife Brise, die vom Meer her über die Insel pfeift. Wolkes Installation ist freilich Kunst, Merseburgs krumme Lampen eine Sachbeschädigung. „Auf Sylt finden das die Leute toll, wir haben damit aber großen Ärger“, sagt Guido Lukesch, in der Stadt für die Beleuchtung auf Straßen und Plätzen verantwortlich.

Zumeist dürften es die Fahrer von Lastkraftwagen mit ihren dicken Brummis sein, die beim Rangieren in der engen Wagnerstraße die Masten rammen - bevor oder nachdem sie die Geschäfte in der Gotthardstraße mit frischen Waren beliefert haben. Allerdings nehmen es die Verursacher mit der Ehrlichkeit nicht so genau. „Die meisten Fahrer hauen einfach ab. Nur in maximal 20 Prozent der Fälle lassen sich die Karambolagen einer Person auch zuordnen“, schimpft Lukesch.

Die Stadt Merseburg ist für rund 5.200 Straßenlaternen zuständig. Ein Drittel der Leuchten wurde bereits auf stromsparende LED-Technik umgerüstet. Je nach Haushaltslage sollen auch die übrigen Lampen schrittweise umgestellt werden. Die „Lichtpunkte“ werden über Dämmerungssensoren oder Zeitschaltuhren gesteuert. Um Spannungsspitzen im öffentlichen Stromnetz zu vermeiden, werden die Laternen nach dem Kaskadenprinzip angeschaltet - also nicht alle gleichzeitig. Dort, wo Zeitschaltuhren im Einsatz sind, wurde die Technik so gewählt, dass sich die Laternen automatisch nach der Sommer- oder der Winterzeit richten. Durch alte oder kaputte Leitungen im Boden  kommt es  immer wieder zu Ausfällen von Lampen. Die Stadt bittet Anwohner daher, „schwarze“ Laternen zu melden. „Angesichts der Fülle an Lichtpunkten können wir nicht alles im Auge haben“, sagt Guido Lukesch aus der Stadtverwaltung.

In allen anderen Fällen bleibt Merseburg nichts anderes übrig, als Anzeige gegen unbekannt bei der Polizei zu stellen und auf Ermittlungserfolge zu hoffen. Und so passiert es auch, dass die schiefen Laternen zur Belustigung von Einwohnern und Gästen zunächst stehenbleiben - im Sockelbereich mit Paketband umwickelt. Der Verband soll laut Lukesch verhindern, dass sich die Klappe im Mast öffnet, hinter der sich die Steuerung für die Laternen befindet. „So einen Lichtpunkt zu ersetzen, ist kein billiges Vergnügen. Wir reden pro Straßenlaterne von rund 1.500 Euro“, sagt Gerd Heimbach, der Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes in Merseburg. Angesichts der schwierigen Haushaltslage und der Notwendigkeit zum Sparen tue jede Sonderausgabe weh. Konkurrenz bekommen die Leuchten in der Wagnerstraße inzwischen von einer Lampe vor dem Alten Rathaus, die sich ebenfalls stark zur Seite neigt. Auch hier gilt ein anonymer Lkw-Fahrer als Auslöser. Immerhin will die Stadt nun die Laternen in der Wagnerstraße austauschen. Lukesch: „Den Ersatz haben wir schon besorgt. Jetzt überlegen wir, sie so aufzustellen, damit sie nicht gleich wieder gerammt werden.“

Auf Sylt sind die Grünen Riesen übrigens eine Attraktion. „Am Anfang gab es kontroverse Diskussionen, doch die Besucher finden es toll“, sagt Christine Kühn von der Tourismus GmbH der Insel. Und es sei nicht selten, dass sich Touristen für Schnappschüsse an die schiefen Laternen in Westerland lehnen. Davon rät Guido Lukesch in Merseburg aus Sicherheitsgründen freilich ab.

(mz)

Eine der abgeknickten Laternen in der Merseburger Wagnerstraße.
Eine der abgeknickten Laternen in der Merseburger Wagnerstraße.
Peter Wölk