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Vom Taxi-Betrieb zur Transport-Flotte

Von Hans-Erdmann Gringer 28.02.2007, 17:14

Merseburg/MZ. - Vor fünf Monaten starb er 72-jährig an einer schweren Krankheit. "Aber er hatte die Gewissheit, dass sein Sohn Jochen die Firma in seinem Sinne weiterführt", erinnert sich Ehefrau und Witwe Waltraud nicht ohne Wehmut, die als Seniorchefin mit Jochen und dessen Ehefrau Kathrin heute die Fäden fest in der Hand hat.

Begonnen hatte alles 1977, als der gebürtige Merseburger und gelernte Landwirt vom damaligen Rat des Kreises die Genehmigung erhielt, einen Taxi-Betrieb zu eröffnen. "Wir durften einen gebrauchten Moskwitsch vom staatlichen Versorgungskontor kaufen für Personenbeförderung mit Nebenleistung", so Waltraud Marx. Das Geschäft florierte, in kurzer Zeit hatte Marx viele vor allem ältere Stammkunden, die er immer wieder vom Interzonenzug, der in Merseburg nicht, aber in Weißenfels, Leipzig und Halle halten durfte, abholte. FDGB-Urlauber wurden von ihm auch in die Heime in den Harz und nach Thüringen kutschiert.

Als die Schwarztaxen immer mehr überhand nahmen und den Angestammten das Leben schwer machten, schaffte sich der agile Unternehmer, für den die Familie alles war und der in der knappen Freizeit gern ruderte, zwei W 50-LKW an. Mit denn transportierte er Bier und Brause der halleschen Brauerei "Meisterbräu" von deren Niederlassung am Nulandtplatz an hiesige Lokale und sonstige Verbraucher.

Alles lief gut bis zur Wende. Da war plötzlich Mangelwirtschaft passé. Der Vertrag mit der Brauerei Halle, die es ja heute gar nicht mehr gibt, wurde gekündigt, und an jedem Taxistand standen jetzt mehr Autos als wartende Passagiere" so Sohn Jochen. Wolfram Marx musste sich umstellen. Er kaufte einen Kipper, Baujahr 1976, und begann, damit Baustoffe zu fahren: Sand Kalk, Zement, alles was gebraucht wurde. Und das war viel. Die Kundenpalette wurde breiter "Er hat dabei immer Distand zum Risiko gehalten", so Waltraud Marx im Hinblick auf Mitbewerber, die inzwischen von Markt verschwunden sind. "Das war vielleicht sein Schlüssel zum Erfolg." Er half, auch ohne große Worte zu machen, weiß Sohn Jochen, und denkt dabei an Kindergärten, Schulen und Vereine, oder an Spenden für Bedürftige in Bosnien. Schon von der Krankheit gezeichnet, fuhr er unermüdlich weiter, brachte den Betriebe wieder in sicheres Fahrwasser. Jochen, mittlerweile 35 Jahre alt, half ihm dabei. Er kann heute auf 14 Angestellte und zwölf LKW verweisen.

Zum Jubiläum am Donnerstag werde man sich in der Ölgrube treffen, in Familie und mit Geschäftspartnern feiern und sich erinnern, sagt Waltraud Wolfram. Etwa an den ersten Kipper, der sein Gnadenbrot in der Garage bekommt. Oder den daneben stehenden alten Ural und den Jeep russischer Bauart, die in Leander Hausmanns Film "NVA" per Zufall eine Hauptrolle bekamen. "Was haben wir da gelacht", so Waltraud Marx.