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Vom «Dampflok-Virus» angesteckt

Von DIANA DÜNSCHEL 26.10.2008, 18:38

MERSEBURG/MZ. - Beides ist für den Merseburger unentbehrlich, denn er nimmt an einer der letzten Sonderfahrten der Schnellzugdampflokomotive 03 1010 teil und wird natürlich die meiste Zeit am geöffneten Fenster stehen, um diese besondere Atmosphäre auch richtig genießen zu können.

Dampflok-Fan ist der 71-Jährige seit frühester Kindheit. "Wir lebten einige Jahre in Ammendorf gleich neben dem Bahnhof. Die Dampfloks haben mich fasziniert. Ich erkannte bald schon am Geräusch, um was für eine Baureihe es sich beim nächsten Zug handelte", erinnert sich der Senior. Lokführer wurde er aber dennoch nicht, sondern lernte den Beruf des Drehers.

Als dann nach der Wende Dampflok-Sonderfahrten angeboten wurden, war Wolfgang Sommer regelmäßig mit dabei. So um die 50 Ausflüge, schätzt er, habe er schon mitgemacht. An seiner Seite ist dabei meist seine Schwester Gerda Walter, die vom "Dampflok-Virus" ebenso angesteckt wurde. Beide schwärmen zum Beispiel von Himmelfahrtsausflügen, wo man den Zug am Zielbahnhof mit Blasmusik zünftig begrüßte...

Diesmal führt die Fahrt nach Meiningen mit Gelegenheit, das berühmte Dampflokwerk zu besichtigen. Beides, eine Fahrt mit der 03 1010 und ein Besuch im Lokwerk, ist für den Merseburger nichts Neues. Dennoch will er unbedingt dabei sein. Er schwärmt vom Fahrwerk der schnellsten kohlegefeuerten Dampflok in Deutschland, die es immerhin auf 140 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit bringt. "Diese Technik, das Material... Den Konstrukteuren gebürt wirklich Anerkennung", meint er. Und der Rentner erzählt, dass er sich unter all den anderen Passagieren und Eisenbahnfans wie in einer großen Familie fühlt, wie schnell man ins Gespräch komme. Natürlich sei er schon öfter auf dem Führerstand gewesen.

Heute hört man aber trotz seiner Begeisterung auch Wehmut heraus. Denn Wolfgang Sommer mag sich nicht damit abfinden, dass diese Lok, das letzte betriebsfähige Exemplar ihrer Baureihe von 1940, vielleicht bald still steht, weil für ihren Erhalt die notwendigen Fristen ablaufen und eine Hauptuntersuchung notwendig wäre, die natürlich sehr viel Geld kostet. Zu viel Geld für die Deutsche Bahn AG und das DB-Museum in Halle, die sich als Eigentümer nicht in der Lage sehen, den "Tüv" zu finanzieren, wie Sebastian Werner von der "Traditionsgemeinschaft Bahnbetriebswerk Halle P" gegenüber der MZ erklärt.

"Ich hoffe sehr, dass es für die 03 1010 weitergeht", sagt Wolfgang Sommer und freut sich beim Einsteigen auf einen schönen erlebnisreichen Tag. Dafür sorgt schon die Tatsache, dass noch eine zweite ehemalige Hallenser Dampflokomotive mit am Zug angekoppelt ist: Die 18 201, die schnellste betriebsfähige Dampflok der Welt.