Nach lebensgefährlicher Erkrankung Stammzellenspende rettete Peggy Klosinski das Leben

Merseburg - „Ich will mein Leben zurück“, war ihr Motto. Wie schwierig der Weg dahin sein würde, hatte Peggy Klosinski nicht geahnt. „Mir ging es ja irgendwann so schlecht, dass ich selbst gemerkt habe, dass ich sterbe“, erzählt die Frau, die am Wochenende ihren 45. Geburtstag gefeiert hat, obwohl sie vor knapp zwei Jahren dem Tode näher war als dem Leben.
Dass sie es jetzt offenbar trotzdem geschafft hat, hat sie einem Mann aus der Nähe von Köln zu verdanken, aber auch mehreren tausend Menschen, die - um ihr zu helfen - an mehreren Typisierungsaktionen im Saalekreis teilgenommen hatten.
Dreifache Mutter brauchte Stammzellenspende
Viele hatten im Herbst 2014 über die MZ von der dreifachen Mutter erfahren, die bei Höffner angestellt war, und die dringend eine Stammzellenspende brauchte. Und viele wollten helfen - ohne diese Frau überhaupt zu kennen. „Ich wollte damals nicht an die Öffentlichkeit gehen“, lächelt sie ein wenig entschuldigend. „Aber jetzt ist es Zeit, Danke zu sagen. Denn es geht mir gut.“
Angefangen habe alles damit, dass ihr im August 2014 beim Spazierengehen das Bein weggeknickt sei. „Und wir haben uns im Urlaub noch darüber lustig gemacht.“ Dann hätten ihr die kompletten Beine wehgetan und dann auch der Rücken. „Das waren Schmerzen, die waren unbeschreiblich.“
Einweisung ins Klinikum Halle-Kröllwitz
Sie konnte nicht mehr Joggen, selbst Autofahren wurde für sie zur Qual. Im September habe sie sich dann selbst ins Klinikum Halle-Kröllwitz eingewiesen. „Ich habe meinen Mann angerufen und gesagt: ich sterbe. Ich konnte nicht mehr.“ Im Krankenhaus wurde ihr Knochenmark punktiert. „Doch das war gar nicht mehr möglich, weil alles komplett verknöchert war. Es fand überhaupt keine Blutbildung mehr statt“, erzählt die Merseburgerin.
Die Diagnose: Knochenmarkfibrose - eine sehr schwere Erkrankung des Blutes, die ähnlich wie bei einer Leukämie nur durch eine Stammzellenspende behandelt und im besten Fall geheilt werden kann. Das bedeutete für Peggy Klosinski unter anderem zehn Wochen in einem sterilen Krankenzimmer.
Mehrere Typisierungsaktionen
Dass mit ihrem Blut etwas nicht stimmte, wusste die 45-Jährige seit Jahren. Doch jetzt war es höchste Eisenbahn. Die Mediziner in Halle suchten mit Hochdruck nach einem Spender. Was ihre Freundin und Kollegin Kathrin Krüger von Höffner unterdessen für sie auf die Beine gestellt hatte, dass sie mehrere Typisierungsaktionen organisiert hatte, davon wusste Peggy Klosinski nichts. „Das habe ich erst Wochen später erfahren.“
Eine Frau aus den USA hätte in neun von zehn Punkten gepasst und wäre eventuell als Spenderin infrage gekommen. Doch die Ärzte wollten mehr. Und tatsächlich - Anfang 2015 gab es eine gute Nachricht: Ein männlicher Spender aus der Nähe von Köln war wie ein genetischer Zwilling der Merseburgerin. „Man erfährt ja nicht, wer der Spender ist, aber ich konnte auf den Unterlagen das Geburtsdatum lesen, und da durchfuhr es mich wie ein Blitz - denn der Spender war nur sechs Jahre älter als mein großer Sohn und der ist 20.“
Chemotherapie und Ganzkörperbestrahlung
Durch Chemotherapie und Ganzkörperbestrahlung wurde Peggy Klosinskis Immunsystem im Februar 2015 auf Null runtergefahren und im Anschluss die Stammzellen transplantiert. „Aber irgendwie hat es nicht funktioniert.“ Die Werte seien nicht gut gewesen, die Ärzte waren nicht zufrieden. „Man sagt, man merkt es, wenn neue Zellen anwachsen. Man bekommt Rückenschmerzen. Aber meine Zellen wollten irgendwie nicht.“ Rückenschmerzen habe sie sowieso gehabt, weil sie ständig im Bett gelegen habe.
Am 17. September soll es wieder eine kostenfreie Typisierungsaktion bei Höffner geben, und als Dankeschön und weil Höffner in diesem Jahr 25 Jahre im Saalekreis präsent ist, gibt es im Anschluss noch ein Geschenk: ein kostenfreies Konzert mit den Prinzen, die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum feiern. Das Konzert beginnt um 20.30 Uhr. Kostenfreie Tickets dafür kann man sich an der Hauptinformation von Höffner abholen. Man kann sich aber auch einfach per E-Mail anmelden. Ab 18 Uhr kann man sich im Möbelhaus erneut kostenfrei typisieren lassen. Das ist völlig schmerzfrei. Es wird lediglich mit einem Wattestäbchen ein Abstrich aus dem Mund genommen.
Anmeldungen fürs Prinzen-Konzert unter Angabe der teilnehmenden Personen an die Mail-Adresse [email protected]
Der junge Rheinländer wurde nochmal um eine Spende gebeten. „Und statt 1,5 Litern Blut, bekam ich diesmal nur einen ganz kleinen Beutel mit einer hellen Flüssigkeit übertragen“, erinnert sich die dreifache Mutter. Die Ärztin habe vor Freude gejubelt, weil diese Zellen im Labor aufbereitet worden waren. „Das sind so viele, ganz gute Zellen“, habe sie gesagt. „Ich hatte an diesem Punkt eigentlich schon aufgegeben. Ich konnte eigentlich nicht mehr.“
Tag nach der Transplantation
Schon am Tag nach der Transplantation wurde sie nach Hause entlassen. Dann hieß es durchhalten. Das Haus durfte sie nur mit Mundschutz verlassen. Frisches Brot und Brötchen waren tabu. „Es hätten Keime darauf sein können.“ Sie durfte nur Tiefkühlkost, abgepackte Wurst und Obst, das man schälen kann, essen. Jeden Tag benutzte sie eine frische Zahnbürste. Ihren geliebten Garten konnte sie sich nur vom Küchenfenster aus anschauen. „Das war fast das Schlimmste. Es war Frühling. Ich wollte unbedingt draußen etwas machen.“ Doch sie durfte nicht.
Als es ihr endlich besser ging, hat sie das getan, was ihr schon so lange am Herzen lag. Sie schrieb einen Brief an den jungen Mann, dessen DNA sie jetzt in sich trägt und der ihr Leben gerettet hat. „Ich konnte nicht an ihn direkt schreiben - Spender und Empfänger müssen ja für zwei Jahre anonym bleiben - aber ich habe an eine Agentur geschrieben, die den Brief weiterleitet.“ Sie hat von ihren drei Kindern erzählt, davon wie es ihr geht und sich bedankt. Und sie würde den jungen Mann irgendwann unheimlich gern persönlich treffen.
Kostenfreie Typisierungsaktion
Noch ein Gedanke beschäftigt Peggy Klosinski. „Ich trage ja jetzt seine DNA in mir, und ich habe schon überlegt, ob ich auch für ihn spenden dürfte, wenn ihm mal etwas fehlen sollte.“ Sie werde sich einfach mal erkundigen.
„Und ich werde am Samstag dabei sein, wenn bei Höffner nochmal eine kostenfreie Typisierungsaktion stattfindet. Ich möchte, dass auch anderen Menschen geholfen werden kann“, sagt die Frau, die früher ein blasser Typ mit glatten blonden Haaren war und jetzt dunklere Locken hat und beinahe ein mediterraner Hauttyp ist. Das sei alles durch die Chemo gekommen, sagt sie. Eben ihr zweites Leben. (mz)