Sanierung in der Stadtkirche Merseburg Sanierung in der Stadtkirche Merseburg: Orgel ist nichts für Veganer

Merseburg - Dass eine Orgel wie die in der Merseburger Stadtkirche aus Holz und Metall besteht, weiß wohl jeder. Aber wussten Sie, dass beim Orgelbau auch Teile von Pferd, Kuh, Schaf, Lamm oder Ziege verwendet werden. „Wir brauchen zum Beispiel das Leder der Tiere für die Blasebalge oder die Zwischenbalge“, erklärt Orgelbauer Christian Scheffler. Haare der Tiere würden zu Filz verarbeitet, der als organischer Dämmstoff dient.
Außerdem nutze man den guten alten Knochenleim, der nicht nur den Vorteil habe, dass er gut halte, sondern dass man zusammengeleimte Teile auch wieder voneinander trennen kann, ohne dass etwas beschädigt werde. „Und Teile der Knochen benutzen wir außerdem für die Tastenbelege der hellen Orgeltasten.“
Orgel der Stadtkirche ist schwach auf der Brust
Christian Scheffler kennt die Gerhard-Orgel der Stadtkirche wie seine Westentasche, hat ihr schon durch mehrere Not-OPs geholfen, etwas länger durchzuhalten. Die Königin der Instrumente, die eine alte Dame aus dem späten 19. Jahrhundert ist, war nämlich schon seit längerem etwas schwach auf der Brust und hat so einige Zipperlein. Die Mechanik ist nicht mehr in Ordnung, die Übertragung des Tastendrucks des Organisten funktioniert nicht mehr richtig. Und die Orgel erzeugte keinen konstanten Winddruck mehr. Den braucht man nämlich, damit alle Töne gleichmäßig schön klingen.
Wäre die Orgel ein Auto - sie wäre nicht mehr durch den Tüv gekommen. Jetzt allerdings sind bessere Zeiten und Töne in Sicht und Hörweite, denn die Orgel kann endlich saniert werden. Vor allem dank einer Vielzahl kleiner und größerer privater Spenden sind insgesamt 30.000 Euro zusammengekommen, die zuzüglich der 5.000 Euro vom evangelischen Kirchspiel den Eigenanteil bilden, der für den ersten Bauabschnitt nötig ist.
Inklusive Fördermittel werden 130.000 Euro gebraucht
Inklusive Fördermittel werden hierfür 130.000 Euro gebraucht, die unter anderem von der Sparkasse, der Stiftung Spergau, der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland und von der Merseburger Honymus-Stiftung kamen. „Mitte Juli werden wir anfangen, die gesamte Orgel abzubauen“, erzählt der Orgelbauer, der auch bei der Restaurierung der großen Ladegastorgel im Merseburger Dom mitgewirkt und die Ladegastorgel in Schafstädt saniert hat.
Dann wird von der kleinsten Orgelpfeife von 1,75 Zentimetern Größe bis zur 5,20 Meter großen Pfeife alles dokumentiert, nummeriert, heruntergeschafft und auf Lkw verladen, die alles in die Orgelbau-Werkstatt nach Sieversdorf in Brandenburg bringen.
Dankeschön an alle Merseburger und Freunde der Gerhardt-Orgel
„Wir sind unendlich glücklich, dass das jetzt endlich passieren kann“, strahlt Kantor Stefan Mücksch glücklich. „Deshalb ein herzliches Dankeschön an alle Merseburger und Freunde der Gerhardt-Orgel, die so viel gespendet haben.“ Um den nötigen Eigenanteil für die Finanzierung zusammenzubekommen, wurde unter anderem eine erfolgreiche Versteigerung abgehalten, bei der Dinge unter den Hammer kamen, die gar nichts mit Musik oder der Orgel zu tun hatten. „Da wir aber für die nächsten Bauabschnitte, die insgesamt 155.000 Euro kosten werden, ebenfalls wieder Eigenmittel brauchen werden, könnte es sein, dass wir das wiederholen.“
Dann werden wohl auch alte Orgelpfeifen, die nicht mehr benötigt werden, versteigert. Außerdem wird es bereits am 2. Juli um 17 Uhr in der Kirche ein Benefizkonzert mit dem Newland House Choir, einem Londoner Chor mit Schülern zwischen neun und 13 Jahren, geben.
Der Plan für die Gerhardt-Orgel: 2019 soll das Instrument wieder in der Stadtkirche erklingen. „Das wird ein rasantes Teil mit Servo-Lenkung“, verspricht Christian Scheffler mit einem Lächeln. „Sie werden staunen.“ (mz)