Riesen-Labyrinth unter Tage
Merseburg/MZ. - "Wir haben dabei das Quartier Obere Burgstraße / Tiefer Keller unweit des Dom-Schlossbereiches einmal genauer unter die Lupe genommen. Wir besitzen dort einen großen Bestand an historischen Gebäuden", so Geschäftsführer Thomas Elmendorff gegenüber der MZ.
Die Stadt will hier langfristig neue Milieus ansiedeln. Neben Wohnen sollen auch Kunst und Kultur hier eine feste Heimstatt finden, wie es in Anfängen schon mit dem Kunsthaus Tiefer Keller zu erkennen ist. Allerdings sind hier auch große Brachen und Lücken in den imposanten Häuser-Zeilen zu sehen. "Die Gebäude dort sind von ihrem Ursprung her einige hundert Jahre alt und natürlich schon mehrfach überbaut worden", so Elmendorff.
Der Immobilienfachmann ließ die Bausubstanz intensiv untersuchen. Vermauerte Eingänge nach unten ließen Spekulationen ins Kraut schießen. Wilfried Starke vom Bauplanungsbüro Merkosa ging der Sache im wahrsten Wortsinn auf den Grund. Was dann zu Tage trat, war eine Überraschung. Eine spektakuläre sogar. Die meisten Gebäude haben nämlich ein riesiges Kellerlabyrinth. Unter Tage erstrecken sich Gänge, Schächte, Treppen und Säle, von denen man zwar etwas wusste, aber nichts von deren wahrer Ausdehnung ahnte. Den sie waren oder sind noch mit Schutt verfüllt. "Allein das Grundstück Obere Burgstraße 9 hat unterirdische Räume auf vier Etagen. Wie haben insgesamt 600 Quadratmeter Fläche vermessen können", so Elmendorff. Es handele sich wahrscheinlich um alte La
gerräume für Lebensmittel, Bier und Wein. "Der größte Raum, ein Tonnengewölbe, ist 18 Meter lang und fünf Meter breit." Sogar ein Brunnen wurde gefunden. Auch die Gebäudenummern 7 und 5 haben ähnliche Keller, in der Burgstraße werden auch welche vermutet. Viereinhalb Monate gruben sich Mitarbeiter der Firma Pem, der Personal Management und Entwicklungs-GmbH, durch den abgelagerten Schutt und legten die Räume frei. Sie wurden vermessen, kartografiert und fotografiert. Bis auf zwei waren sie noch völlig intakt. Überraschend für Elmendorff und seine Mitarbeiter war auch, dass sie eine eigene Entlüftung hatten. Elmendorff "Wir haben dort keine Probleme mit Nässe entdecken können."
Jetzt will die Gebäudewirtschaft mit der Hochschule für Design an der Burg Giebichenstein in Halle reden. Gedacht ist, in dem Areal ein Künstlerviertel mit Ateliers, Ausstellungsräumen und Wohnungen zu schaffen, das die Studenten für ihre künstlerischen Betätigungen mit nutzen können. Dabei ließen sich dann auch die Keller wenn auch nur teilweise mit einbeziehen. Eine museale oder gastronomische Einrichtung wäre denkbar und auch bei den Merseburger Stadtrundgängen könnten die Keller eine zusätzliche Besichtigungs-Station werden. Bei einigen anliegenden Grundstücken müssen aber zuvor noch die Besitzer konsultiert werden.
Damit dies alles in absehbarer Zeit realisiert werden kann, sollen auch Iba-Fördergelder fließen. Elmendorff: "Wir kennen jetzt die Qualität der Bausubstanz, wissen um die Sanierungskosten, die etwa 900 bis 1 000 Euro pro Quadratmeter betragen, und haben schon dank der Iba überregionales Interesse erfahren. Mit deren Hilfe bietet sich die einmalige Gelegenheit, etwas Bleibendes für Merseburg schaffen."