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Merseburg Merseburg: Zeitzeuge reist aus Düsseldorf an

Von Nico Grünke 11.12.2012, 19:57

Merseburg/MZ. - Das Domgymnasium hat in seiner langen Vergangenheit verschiedene politische Systeme mitgemacht beziehungsweise mitmachen müssen. Den Gedanken haben auch mehrere Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums im Rahmen eines Geschichtsprojekts verfolgt. Sie wollten herausfinden, wie sich der Schulalltag während der Zeit des Nationalsozialismus gestaltete.

"Eingeteilt in Arbeitsgruppen, hatten die Schüler in mehreren Archiven recherchiert", war von Geschichtslehrer Jens Letzel zu erfahren. Die Nachforschungen seien zunächst ziemlich schwierig gewesen, weil wenig über die Verhältnisse, die damals am Domgymnasium herrschten, gefunden werden konnte. Erst kurz vor Ablauf des Projekts sei Letzel zufolge der große Wurf gelungen. Mit Unterstützung der Geschichtswerkstatt Merseburg konnten die Schüler den heute in Düsseldorf lebenden Kurt Hesse kontaktieren. Der 84-Jährige war von 1938 bis 1945 Schüler am Domgymnasium und half als Zeitzeuge, den Alltag am Domgymnasium während der NS-Zeit nachvollziehbarer werden zu lassen. "Dass er in seinem Alter dafür extra den Weg von Düsseldorf nach Merseburg auf sich genommen hat, freut uns", sagte Jens Letzel.

Gemeinsam mit seiner Frau war der 84-Jährige angereist, um von seiner Zeit am Domgymnasium zu berichten und Fragen der Schüler zu beantworten. Überrascht waren einige, dass die damals vorherrschende Ideologie gar keine allzu große Rolle gespielt habe. "Das war wohl deshalb so, weil viele Lehrer für den Kriegsdienst eingezogen worden waren und für den Unterricht ehemalige Lehrer aus dem Ruhestand geholt wurden", gab der 16-jährige Johannes Gerber wieder, was er im Gespräch mit Kurt Hesse erfahren konnte. Beispielsweise sei in Biologie vordergründig die Mendelsche Vererbungslehre vermittelt worden und weniger die sogenannte Rassenlehre, wie eigentlich gefordert. Im Vordergrund standen zudem Fremdsprachen wie Griechisch und Latein. Außerdem habe es viel mehr Sportunterricht gegeben als heutzutage.

Prägend für die Generation von Kurt Hesse war der Krieg dennoch. Wie viele Gleichaltrige wurde auch er bereits mit 15 Jahren eingezogen und musste zur Flugabwehr. Auch davon konnte der 84-Jährige umfangreich berichten, der viele Fotos von Merseburg aus jener Zeit mitgebracht hatte.

Die Gesprächsrunden mit dem 84-Jährigen haben die Schüler aufgezeichnet. Die Ergebnisse ihrer gesamten Nachforschungen wollen sie am 14 Dezember in Magdeburg beim 8. Jugendgeschichtstag präsentieren.