Amtsführung kritisiert Merseburg: Oberbürgermeister Jens Bühligen steckt in Erklärungsnot

Merseburg - Kein Haushaltsentwurf für 2017, abgesagte Ausschusssitzungen Anfang Januar, Personalprobleme in der Stadtverwaltung, Ärger um die Tagesordnung zur jüngsten Stadtratssitzung am Donnerstag: In Merseburg driften Stadtrat und Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) auseinander. Für das Tohuwabohu wird der OB persönlich verantwortlich gemacht. „Mein Vertrauen in Sie ist gesunken“, sagte Halina Czikowsky (Linke) am Donnerstagabend im Alten Rathaus, während Marcus Turré (SPD), einmal in Rage, seinen Wortbeitrag mit dem polemischen Vorschlag beendete, dass man doch das Gehalt des OB gleich einsparen könne.
„Sprüche wie diese mögen manche unterhaltsam finden, sie bringen uns aber nicht weiter. Das sage ich Marcus auch“, meinte am Freitag CDU-Fraktions-Chef Michael Hayn auf Nachfrage der MZ. Auffallend war allerdings, dass die CDU am Donnerstag keine Partei für „ihren“ OB ergriff, als er schwer unter Beschuss stand. Und Hayn redete später nicht um den heißen Brei herum: „In der Sache ist die Kritik aus der SPD und der Linken berechtigt gewesen. Zu einer Stadtratssitzung gehört eine vernünftige Tagesordnung. Und auch wir von der CDU erwarten vom Oberbürgermeister eine Erklärung, wie es nun mit dem Haushalt weitergeht.“ Am Dienstag sei Finanzausschuss. „Und ich als Vorsitzender weiß gar nicht, über was wir dort beraten sollen. Wir sind auf die Zuarbeit aus der Verwaltung angewiesen.“ Und dass der OB liefern müsse, stellte Hayn ebenfalls klar: „Das Haushaltsrecht liegt nun einmal beim Stadtrat.“
Klare Worte, auf die es am 23. Februar eine Antwort geben soll, wenn der Ältestenrat zusammentritt, eine Art Vermittlerrunde zwischen dem OB und dem Stadtrat, die weitere Eskalationsstufen verhindern soll. Zumal es momentan an allen Ecken und Enden brodelt, auch bei der Suche nach einem Beigeordneten, der dem Vernehmen nach vor allem ein Finanzexperte sein soll. Um den Richtigen zu finden, wollte sich der OB eines externen Beraters bedienen und lieferte intern auch gleich einen Personalvorschlag: Jens Rauschenbach, der als einer der wichtigsten Berater von Halles OB Bernd Wiegand (parteilos) gilt. Rauschenbach sollte drei Fragen erarbeiten, die den Bewerbern gestellt werden sollten, und danach auch die Auswertung übernehmen. Doch Bühligen stieß damit auf wenig Gegenliebe. Die Wahl des Finanzbürgermeisters sei eine Angelegenheit des Stadtrats, hieß es. Und außerdem befinde sich Merseburg in der vorläufigen Haushaltsführung. Geld für Rauschenbach sei also gar nicht da. Mittlerweile wurde der Vorschlag des OB ohne viel Federlesen wieder beerdigt. Allerdings werden Stadträte wohl noch die Frage stellen, ob der Stadt durch Rauschenbach bereits Kosten entstanden sind.
Sechs Kandidaten für den Bürgermeisterjob, alle männlich, haben sich hinter verschlossenen Türen am Donnerstag in einer zweiten Runde präsentiert. 20 bis 30 Minuten hatte sich der Rat pro Person Zeit genommen. „Die Auftritte waren sehr unterschiedlich. Wir müssen uns in der Fraktion noch beraten, aber wir haben einen Favoriten im Auge“, sagte Linke-Fraktions-Chef Michael Finger. Auch die SPD hat einen Wunschkandidaten, Bühligen hält hingegen mehrere der Kandidaten für geeignet. „Ich will eine fachliche Entscheidung, keine politische“, hat der OB klargestellt. Ende März oder im April soll die eigentliche Wahl dann stattfinden. Die Entscheidung trifft der Stadtrat im Einvernehmen mit dem OB. Das heißt, Bühligen könnte sein Okay verweigern, sollte ihm die Entscheidung des Rats nicht passen.
Ohnehin müsste sich der Beigeordnete gedulden, bis er sein Büro beziehen kann. Offiziell kann die Stelle erst besetzt werden, wenn Merseburg einen beschlossenen und genehmigten Haushalt vorweisen kann. „Und da legt die Kommunalaufsicht harte Maßstäbe an“, sagte Hayn. (mz)