Merseburg Merseburg: Ein Jahrhundert gegen den Strom
MERSEBURG/MZ. - Die Gesellschaft gründete sich im Jahr 1906, ohne Grundstück, ohne Bootshaus und sogar ohne passende Sportgeräte. Doch schon im ersten Jahr des Vereins wurden die ersten Ruderboote und auch ein Grundstück am Saalehang gefunden. Die Kapazitäten der dort errichteten Bootshalle reichten aber schon sehr bald nicht mehr aus - die Mitgliederzahl und die Flotte wuchsen stetig.
Im Jahr 1911 wurde ein neues Grundstück am Stadtpark gefunden und auf ihm das jetzige Bootshaus erbaut und am 20. August dann feierlich eröffnet.
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde unter anderem ein Saal erbaut und diente für Festlichkeiten sowie der Unterbringung der Boote im Winter, heute ist hier eine Gaststätte mit einer großen Terrasse - Gäste können hier einen wunderbaren Blick auf die Saale und die dahinterliegende Aue genießen. Die Mitglieder der MRG ruhten aber scheinbar nie, eine neue und größere Bootshalle musste her. Sie wurde im Jahr 1925 eingeweiht und steht noch heute. Viele Boote drängen sich hier, vom Rennboot für eine Person bis zum 60 Jahre alten großen Achter.
1940 veränderte sich der Saaleverlauf stark. Schuld daran war der Bau des Mittel-Kanals. Dabei wurde auch die Saale begradigt, was für die Rudergesellschaft Nachteile aber auch Vorteile mit sich brachte: Das Flussufer rückte etwa 50 Meter vom Bootshaus weg, die täglichen Wege wurden länger. Dafür wurde die Hausstrecke der Gesellschaft aber nun ruderfreundlicher. Für die Wassersportfreunde ist der Umstand, dass der Kanal nie fertig gestellt wurde, eher ein glücklicher - sie werden bis heute nicht von großem Schiffsverkehr gestört und können die Saale zum Großteil für ihre Zwecke nutzen.
1949 ging die Immobilie in den Besitz der Buna-Werke über, die den Erhalt gewährleisteten. Der steigende Sportbetrieb machte auch bald den Bau einer eigenen Bootswerkstatt nötig. Größtenteils in Eigenregie errichteten die Mitglieder des Vereins getreu dem Motto "aus Alt mach Neu" die Werkstatt. Vom Einer bis zum Achter konnten die Boote nun selbst gewartet und repariert werden.
Überhaupt sind die etwa 90 Mitglieder stark engagiert: "Von unseren Einnahmen haben wir seit der Wende erst zwei neue Boote kaufen können, der Rest fließt alles in den Erhalt der Anlagen", sagt Wolfgang Schwarz. Der 73-Jährige spielte früher Fußball und hat zwei Knieprothesen. "Ich habe erst mit 60 Jahren mit dem Rudern angefangen", sagt Schwarz und betont die gesunden Bewegungen der Sportart. Sein 55-Jähriger Kamerad Ralf Selle hingegen hat schon als Kind angefangen, zuerst als Steuermann, später selbst an den Riemen. "Mein Vater lernte hier meine Mutter kennen, ich meine Frau und meine Tochter hat ebenfalls einen Ruderer geheiratet."
Später gestalteten sie auch das Außengelände neu. Seit dem können sich die Mitglieder und auch Besucher an der parkähnlichen Anlage mit Teich und Bänken erfreuen. 1982 wurde ein neues Ruderbecken gebaut, ebenfalls sehr zur Freude der Sportler, denn nun war es möglich nicht nur "riemig", also einseitig, zu trainieren sondern auch zweiseitig mit Doppelrudern, den so genannten "Skulls".
Zum Anlass des 100-Jährigen Jubiläums feiert die MRG am 20. und 21 August ein großes Fest. Neben Musik, Tanz, Feuerwerk, Fahrten auf der Saale und kulinarischen Angeboten wird auch ein nagelneues Boot getauft.