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Leuna Leuna: Abtransport des Chemiewerks von Quinn Chemicals wird vorbereitet

Von Tilo Krippendorf 02.05.2014, 19:02
Das Mittelteil der Behelfsbrücke überspannt die ICE-Strecke. Im Herbst sollen hier Schwerlasttransporter Kolonnen transportieren.
Das Mittelteil der Behelfsbrücke überspannt die ICE-Strecke. Im Herbst sollen hier Schwerlasttransporter Kolonnen transportieren. Marco Junghans Lizenz

Leuna/MZ - Es ist eine gut vorbereitete Nacht-und-Nebel-Aktion. Der letzte ICE auf der Strecke Berlin-München rauscht vorbei, ein riesiger Kran steht bereit, die Mannschaft ist in den Startlöchern. Als die Gleise gegen 1 Uhr nachts schließlich gesperrt werden, geht es los.

Eine mobile Brücke wird hier in Windeseile aufgebaut. Über sie sollen in den kommenden Monaten die riesigen Bauteile einer chemischen Anlage transportiert werden - der Beginn einer langen Reise. „Durch die Brücke sparen wir enormen Organisationsaufwand und Kosten“, erklärt Hüseyin Kizilagac, Geschäftsführer des Speziallogistikunternehmens Epilog. Als Generalunternehmer organisiert Epilog den Transport von insgesamt 14 Schwerlastteilen nach Hamburg. Es sind riesige industrielle Kolonnen, zum Teil bis zu 50 Meter lang. Seit Jahren stehen sie ungenutzt auf dem Gelände des Chemieparks.

Das geplante Werk des irischen Quinn-Konzerns sollte Methacrylsäure-

methylester, eine Vorstufe des viel genutzten Acrylglases, produzieren. 2006 begann der Bau, rund 350 Millionen Euro sollte das Projekt kosten. 2009 wurden die Arbeiten in Folge der Wirtschaftskrise ausgesetzt. Ein Finanzpartner wurde bis zuletzt gesucht. (tik)

Vor sechs Jahren waren Kizilagac und seine Auftragnehmer ebenfalls schon in Leuna und bauten die Behelfsbrücke auf, die ursprünglich aus alten NVA-Militärbeständen stammt. Damals rollten die Transporter in die andere Richtung, in den Chemiestandort hinein. Der irische Chemieriese Quinn Chemicals plante hier eine Investition von Hunderten Millionen Euro zur Herstellung einer Anlage von Methacrylsäuremethylester, der Vorstufe von Acrylglas. Fertig geworden ist das Werk aber nie. Die Finanzkrise machte dem Investor einen Strich durch die Rechnung.

„Wenn wir die Brücke nicht nutzen könnten, müssten wir die Bahnstrecke für jedes einzelne Teil sperren lassen, was organisatorisch sehr schwierig ist“, sagt Kizilagac. Seit sechs Wochen werden die Fundamente und Stützen der Brücke vorbereitet. Nun überspannt das Mittelteil die Bahnschienen und den Schwarzen Weg in Leuna. Bis Ende des Jahres soll der Bau stehen bleiben, dann sollen die Anlagen aus dem Chemiepark verschwunden sein. Im Oktober sollen die ersten Schwerlasttransporter in Richtung Saale rollen.

Wenn die Komponenten des bisher nicht genutzten chemischen Werkes in Salzmünde eintreffen, werden sie auf Lastschiffe verladen. Die bringen die Anlage schließlich über Saale und Elbe nach Hamburg. Was dann geschieht ist unklar. Nach MZ-Informationen könnte die Anlage nach Asien transportiert und dort aufgebaut werden. Eine offizielle Aussage von Quinn Chemicals gibt es dazu allerdings nicht.

Aus Asien kamen auch zahlreiche Bauteile vor sechs Jahren. Aus Japan und China reisten die Kolonnen damals nach Leuna, ebenfalls über Hamburg und die Flüsse. Der erste Schritt des langen Weges zurück ist nun getan. Wenn die ersten Transporte über die Brücke rollen ist endgültig klar: Eine der größten Investitionen am Chemiestandort Leuna konnte nicht verwirklicht werden.

Mit großen Bolzen werden die Brückenteile verbunden.
Mit großen Bolzen werden die Brückenteile verbunden.
Marco Junghans Lizenz