Lachen auf dem Friedhof Lachen auf dem Friedhof: Schmutzige Wäsche mit der schwarzen Witwe

Merseburg - Unterhaltsame Geschichten über schmutzige Wäsche, am Haus grabende Maulwürfe und Leichenbitter haben in Merseburg Dutzende Teilnehmer zu einer Erlebnisführung über den Stadtfriedhof gelockt. Eingeladen zu dem außergewöhnlichen Rundgang hatte die Kunsthistorikerin Antje Kretschmer, die in ihrer Rolle als „Schwarze Witwe“ ihren Gästen viel Wissenswertes ums Sterben und Bestattungskultur in früheren Zeiten vermittelte.
„Aberglaube spielte in meiner Zeit eine große Rolle“, erklärte sie gleich zu Beginn und zählte so einige Dinge auf, die den Menschen damals weismachten, dass der Tod nicht mehr fern ist. Träume von trübem Wasser etwa oder jene Maulwürfe, die sich bis ans Haus buddelten. Auch die Laute von Krähen und Tauben machten den Menschen Angst. Unruhig wurden unsere Vorfahren sogar, wenn eine Uhr plötzlich stehen blieb.
Starb ein Mensch, wurden die Uhren dann absichtlich angehalten
Starb ein Mensch, wurden die Uhren dann absichtlich angehalten. Alles stand still. „Es herrschte Stille im Haus, die Arbeit wurde niedergelegt, es wurde beispielsweise keine Wäsche gewaschen“, erzählte Kretschmer. Spiegel wurden verhangen, damit sich die Seele nicht verfängt. Ließen sich die Augen des Toten nicht verschließen - was einen baldigen zweiten Todesfall ankündigte - wurden die Lider mit Münzen beschwert.
„Während die Totenfrau ins Haus kam, um den Leichnam zu waschen und anzukleiden, lud der Leichenbitter zur Beerdigung des Toten ein, der das Haus nur mit den Füßen voran verlassen durfte“, berichtet die Expertin. Grund: Andernfalls würde er beim Hinaustragen zum Haus blicken und seine Seele so nicht loslassen können.
Beigesetzt wurden die Toten in Särgen, die schon frühzeitig im Haus bereitstanden. „Die Kisten hatte man zu Lebzeiten auch genutzt, um darin Obst oder Getreide zu lagern“, erzählte. „Es kam auch mal vor, dass dann der falsche Sarg in die Erde ging.“ (mz)