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Handwerk auf dem Dorfe Handwerk auf dem Dorfe: Tischlerei in vierter Generation

Von Regina Retzlaff 16.07.2003, 15:11

Barnstädt/MZ. - Gegründet hat den Barnstädter Betrieb im Jahre 1910 Paul Lautenschläger. Das war Franks Urgroßvater. "Damals sind in einer Tischlerei noch vorwiegend Möbel hergestellt worden. Opa hat noch sehr viele Schlafzimmer gemacht. So mancher Barnstädter kann sich daran noch gut erinnern", erklärt der junge Meister, der vor einiger Zeit seinen Vater Bernhard durch eine tückische Krankheit verlor.

Mit der industriellen Möbelproduktion, die die Handwerksbetriebe ein- und überholte, änderte sich vieles. Schon Pauls Enkel Bernhard, der 1957 die Tischlerei übernahm, bekam das zu spüren. Zu DDR-Zeiten konzentrierte der sich auf Fensterbau, Innenausbau und Haustüren. Dabei hatte er mit Materialmangel zu kämpfen. Beschläge und Holz waren knapp, manches gab es einfach nur auf Zuteilung. "Damals gab es Aufträge in Massen, was fehlte, war das Material. Heute ist alles umgekehrt. Es gibt Material in Hülle und Fülle, aber es fehlt den Menschen an Geld und uns deshalb an Aufträgen", erzählt Frank Lautenschläger.

Und so kann zu den 13 bisher ausgebildeten Lehrlingen der Tischlerei auch keiner hinzu kommen. "Ich kann gerade noch so meinen Gesellen Hartmut Ostermann beschäftigen, der übrigens auch bei meinem Vater gelernt hatte. Mehr Mitarbeiter lässt die Auftragslage einfach nicht zu. Und wenn du nur einen Monat lang keinen Lohn zahlen kannst, dann kannst du aufhören. Also fahren wir eben mit unserem Zwei-Mann-Betrieb weiter." Dennoch hofft der junge Mann, im Jahre 2010 des 100-jährige Betriebsjubiläum feiern zu können.

Nach wie vor sind es vor allem Fenster und Türen, die installiert werden. Dazu kommen Rollläden Dächer, Vertäfelungen, Fußböden oder auch Rolltore. Wegen des Zwei-Mann-Betriebes muss Frank auch alle Büroarbeit spätabends oder am Wochenende erledigen. Da liegen Ausschreibungen auf dem Tisch, an denen sich der Meister beteiligen will. Da muss über Werbung nachgedacht werden, wobei Lautenschläger mehr auf Mund-zu-Mund-Propaganda baut als auf Werbeanzeigen. So eingespannt findet er wohl auch keine Zeit, sich nach einer Freundin umzuschauen. "Und wer würde so etwas schon mit machen? Tagsüber auf den Baustellen, abends hinter dem Schreibtisch. Eine junge Frau will auch mal ausgehen. Dafür habe ich aber keine Zeit. Das hält keine Beziehung lange aus", begründet der Junggeselle sein Single-Dasein.