Ein Pädagoge mit viel Fleiß, noch mehr Herz und Seele
BAD DÜRRENBERG/MZ. - "Machen sie bloß nicht so viel Aufhebens darum", meint er bescheiden. Doch fragt man in der Stadt und seinem beruflichen Umfeld, so hört man immer wieder: "Der Mann hat das wirklich verdient." Der heute 51-Jährige hat mit dem Bildungszentrum in der Sali- nestadt eine Einrichtung aufgebaut, die mittlerweile überregional Aufmerksamkeit erregt und Anerkennung findet.
Kanzler, der in Weimar geboren und mit fünf Schwestern groß wurde, diplomierte in den frühen 80ern an der Uni in Leipzig als Agrarpädagoge. Danach begann er als Lehrer in der Landwirtschaftschule des Kreises Merseburg in Braunsbedra. 1985 wurde er deren Direktor. "Die Liebe hat mich in die Region geführt", sagt er. "Meine Frau stammt aus Bad Dürrenberg."
Mit der Wende drohte plötzlich die Ausbildung von behinderten Jungen und Mädchen in der Region in ein Vakuum zu fallen, erinnert sich der Pädagoge rückblickend. "Da haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir das verhindern und sie auffangen können. Wir fühlten uns verantwortlich." Kanzler weiß wovon er spricht, hat er doch selbst einen behinderten Sohn, der inzwischen erwachsen ist.
Wir, das waren Pädagogen wie Ingrid Lerbs. Zusammen gründeten sie einen gemeinnützigen Verein und hatten eine Vision. Mit einer Starthilfe als freier Bildungsträger in Höhe von 407 000 Mark gingen sie daran, eine neue, so bislang unbekannte Form von Dienstleistungseinrichtung zur Ausbildung von Jugendlichen aufzubauen. Schrittweise erstellten Kanzler und seine Mitstreiter ein Konzept, entwickelten Strukturen und bildeten sich ständig auch selbst weiter. Lern- und Lehrwerkstätten für unterschiedlichste Berufe wurden eingerichtet. Ein Internat entstand, weitere folgten.
"Als erstes haben wir 1990 Hauswirtschafter ausgebildet", betont Kanzler. Es folgten weitere Berufe aus der Holz-, Metall- und Dienstleistungsbranche. "Schritt für Schritt haben wir versucht, die Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Inzwischen sind hier 15 Millionen investiert worden für Werkstätten, Küchen, Gewächshäuser und einen Bauernhof. Das wäre ohne die Unterstützung erst des Arbeitsamtes und jetzt der Agentur für Arbeit und des Landes undenkbar gewesen", sagt der agile Pädagoge, der langfristig und vorausschauend denkt. Doch als Verein habe man selbst auch noch Kredite in Höhe von insgesamt vier Millionen Euro aufgenommen und regelmäßig bedient, betont er.
Ein Pferdehof wurde geschaffen und vor drei Jahren das Veranstaltungs- und Dienstleistungszentrum (VDZ) als 100-prozentige Tochter des BLH gegründet. Ein Gesundheits- und Pferdesportzentrum entstand, die Gaststätte im Bad Dürrenberger Kurpark wurde vom VDZ saniert. Seither betreibt das VDZ auch mit ausgelernten Jugendlichen die Einrichtung als anerkannten Integrationsbetrieb. Eine Kooperationsvereinbarung mit der Universität Leipzig sorgt dafür, dass die Ausbildung von derzeit 250 Jugendlichen auf dem neuesten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgt. 85 Pädagogen, Psychologen und andere Fachkräfte sind dafür mit großem Engagement dabei.
Kanzler, der seine knappe Freizeit ganz der Familie mit den drei Kindern widmet und sich insbesondere mit Geschichte befasst, hat schon neue Pläne. Ein Boot, das eigentlich auf der Saale schippern sollte, sich aber in einer Werft befindet, wird wegen zu hoher Kosten verkauft. "Wir investieren lieber in Energieeinsparung und Gebäudedämmung", so Kanzler. Eventuell soll ein Versehrten gerechtes Gästehaus entstehen, so weitere Überlegungen. Das wäre dann neben dem feuerroten Omnibus und dem Kremser ein weiteres Markenzeichen für die Einrichtung.