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Ehrung im Merseburger Ständehaus Ehrung im Merseburger Ständehaus: Walter-Bauer-Preis für Kerstin Hensel

Von Kai Agthe 04.11.2014, 18:44
Kerstin Hensel erhielt Dienstagabend den Walter-Bauer-Preis. Das Walter-Bauer-Stipendium ging an den gebürtigen Merseburger Danilo Pockrandt.
Kerstin Hensel erhielt Dienstagabend den Walter-Bauer-Preis. Das Walter-Bauer-Stipendium ging an den gebürtigen Merseburger Danilo Pockrandt. PETER WÖLK Lizenz

MERSEBURG/MZ - Die gute Nachricht: Kerstin Hensel, die Trägerin des diesjährigen Walter-Bauer-Preises, war anwesend. Und die schlechte: Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD), der laut Einladung ein Grußwort sprechen wollte, war abwesend. Aus terminlichen Gründen, so Merseburgs Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU), könne weder der Minister noch ein anderer Vertreter des Magdeburger Amtes bei dem Festakt zugegen sein.
Man möge das, so Bühligen, jedoch nicht als Geringschätzung betrachten. Aber wie soll man es sonst bewerten, wenn die Kulturbehörde es nicht schafft, wenigstens eine ministerielle Grußadresse nach Merseburg zu senden? Nicht für irgendeine Veranstaltung, sondern für die Vergabe eines Literaturpreises, der das ganze Land schmückt. Auch OB Bühligen erinnerte eingangs daran, als er sagte: „Merseburg und Leuna sind die einzigen Städte in Sachsen-Anhalt, die auf solche Weise die Literatur des Landes fördern.“

Der Walter-Bauer-Preis wird von beiden Orten seit 1994 alle zwei Jahre vergeben. Da in zwei Fällen die Auszeichnung an zwei Autoren überreicht wurde, waren es bis vorgestern zwölf Preisträger. 2006 kam das Walter-Bauer-Stipendium hinzu. Vier Nachwuchsautoren konnten sich bislang über die mit 1 500 Euro verbundene Anerkennung freuen. Danilo Pockrandt ist seit Dienstag der fünfte Stipendiat.
2012 hatte André Schinkel den Walter-Bauer-Preis erhalten. An dem halleschen Schriftsteller war es nun, im Merseburger Ständehaus, dieser historistischen Verwaltungstrutzburg, die Laudatio auf Kerstin Hensel zu halten.

Kulturgeschichtlicher Bogen von Merseburgs Vorzeit bis zu Kerstin Hensel

Und das am 4. November 2014, mithin am 110. Geburtstag des Merseburger Autors, der 1976 im kanadischen Toronto gestorben ist. Dorthin war er 1952 ausgewandert. Bauer brachte es vom Tellerwäscher, der er zeitweise war, zwar nicht zum Millionär, wohl aber zum Literaturprofessor.

Auch Kerstin Hensel führt den Titel. Seit 2001 ist sie Professorin für Verssprache an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Wer die Autorin bis zu diesem Abend nicht gekannt haben sollte, erhielt mit Schinkels vorzüglicher Rede einen tiefgründigen Einblick in das facettenreiche Werk der 1961 in Karl-Marx-Stadt geborenen Dichterin, die zuletzt den Essayband „Das verspielte Papier. Über starke, schwache und vollkommen misslungene Gedichte“ (2014) vorlegte.

André Schinkel schlug einen ebenso großen wie klugen kulturgeschichtlichen Bogen, der von Merseburgs Vorzeit und Mitteldeutschlands Gegenwart bis zur „jüngsten Vertreterin der Sächsischen Dichterschule“, also Kerstin Hensel, reichte. Schinkel lobte ihre zupackende Sprache und ihre literarischen Gestalten, die Walter Bauer gewiss gefallen hätten.

Aus gutem Grund setzte Hensel an den Anfang ihrer kurzen Rede einen Dank an den Laudator, ehe sie darauf hinwies, dass Walter Bauer der Generation ihrer Großväter angehöre, was sie zu weiteren Reflexionen über das dunkle 20. Jahrhundert veranlasste.

Kerstin Hensel kann sich über eine mit symbolischen 3.500 Euro dotierte Auszeichnung freuen. Sachsen-Anhalt wiederum über eine Autorin, die dem Walter-Bauer-Preis weiteren Glanz verleiht.