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Der Musiker aus der Fußgängerzone Der Musiker aus der Fußgängerzone: Warum Segundo Torres fast ein Unikat ist

Von Michael Bertram 22.10.2017, 10:00
Segundo Torres kommt aus Ecuador und ist Straßenmusiker. Nur noch selten sind Andenmusiker mit Panflöte anzutreffen.
Segundo Torres kommt aus Ecuador und ist Straßenmusiker. Nur noch selten sind Andenmusiker mit Panflöte anzutreffen. Peter Wölk

Merseburg - Ohne die Klassiker „El Condor Pasa“ oder „Llorando Se Fue“, das den Deutschen wohl eher unter dem Namen des erfolgreichen Covers „Lambada“ bekannt ist, geht es nicht: „Das sind bekannte Hits, die die Menschen einfach hören wollen, wenn ich für sie spiele“, ist Segundo Torres überzeugt. Der 54-Jährige kommt aus Ecuador und arbeitet in Deutschland - ausgestattet mit Panflöte und Gitarre als Straßenmusiker. Dieser Tage machte der Südamerikaner auch in der Merseburger Fußgängerzone halt.

Panflötenspieler gehören kaum noch zum Straßenbild in Deutschland

Nach der Wende gehörten sie zum Bild fast jeder Flaniermeile: An den Andenmusikern aus Peru, Bolivien oder eben Ecuador mit den typischen Klängen der Panflöten schieden sich die Geister. Die einen verfielen den Melodien, blieben stehen und forderten Zugaben.

Die anderen konnten der Musik nichts abgewinnen und wetterten gegen die Darbietungen oder machten sich darüber lustig. Inzwischen sind die Musiker fast ganz aus den Fußgängerzonen verschwunden. Heute sind es eher Sinti und Roma, die mit Akkordeon, Cajon und der Familie als Chor für Stimmung sorgen und damit Geld verdienen wollen. Doch warum eigentlich?

Ein Panflötenspieler erzählt: „Früher haben mehr Menschen aktiv zugehört, sind dafür stehengeblieben.“

Zum einen verdienen die Südamerikaner in ihrer Heimat inzwischen etwas besser als noch vor 20 Jahren. „Zum anderen ist es aber auch schwieriger geworden, auf deutschen Straßen zu spielen“, sagt Segundo Torres. In vielen Städten braucht es Genehmigungen. In manchen Metropolen, München beispielsweise, laden Ordnungsämter sogar zu einer Art Casting, wo entschieden wird, ob die Musik präsentiert werden darf oder nicht. Und die Auflagen sind selbst im Erfolgsfall vielfältig.

„Aber auch das Publikum hat sich verändert“, meint der Ecuadorianer. „Früher haben mehr Menschen aktiv zugehört, sind dafür stehengeblieben.“ Heute würde die Masse vorbeilaufen. In Hektik. Oder vertieft in ihre Smartphones. Der Musiker findet diese Entwicklung schade.

Natürlich, geht ihm so nicht nur die ein oder andere Münze verloren, sondern auch die Zielgruppe. Wozu spielen, wenn niemand zuhört? Ohnehin kann Torres nicht von den Auftritten leben. Derzeit bereist er Deutschland, wohnt aktuell in Leipzig. „Vom Geld, das ich hier bekomme, kaufe ich mir etwas zu essen“, erzählt er.

Den Bezug zu Deutschland fand er über die Liebe. In seiner Heimat hatte er sich 1991 in eine Deutsche verliebt, die dort urlaubte. Auch wenn die Beziehung inzwischen in die Brüche gegangen ist, Deutschland bereist Torres dennoch alle paar Jahre. (mz)