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Angler retten Kanufahrer am Wehr in Döllnitz Angler retten Kanufahrer am Wehr in Döllnitz: "Ich wusste nur ich wollte nicht sterben"

Von Undine Freyberg 15.09.2015, 08:44
Retter Thomas Stange (l.) besuchte Eberhard Koch im Krankenhaus und erzählte ihm, was am Samstag alles passiert war.
Retter Thomas Stange (l.) besuchte Eberhard Koch im Krankenhaus und erzählte ihm, was am Samstag alles passiert war. Peter Wölk Lizenz

Döllnitz/Merseburg - „Ich wusste nur, ich wollte nicht sterben“, sagt Eberhard Koch. Dass er überlebt hat, hat der 68-jährige Hallenser allerdings zwei mutigen Männern zu verdanken - und dem glücklichen Zufall, dass die beiden genau zur Zeit des Unglücks am Samstagmittag am Döllnitzer Wehr geangelt haben. Einen seiner beiden Retter konnte Koch jetzt treffen. Angler Thomas Stange?(49), der erst im Mai nach Lochau (Schkopau) gezogen war, hatte mit seinem Sohn Marcus (23) beherzt zugegriffen. Wären die beiden nicht gewesen, wäre Koch, der mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieb, nicht mehr am Leben.

„Anfangs hatten wir den Ernst der Lage nicht erkannt“, erzählt Thomas Stange. „Wir sahen zwar, wie ein Kanu auf das Döllnitzer Wehr zufuhr, aber wir dachten, die werden schon noch festmachen und aussteigen.“ Doch das taten die drei Männer in dem Kanu nicht. Stattdessen rutschte das Boot quer über das Wehr und kippte um. Die drei Männer landeten im Wasser und wurden von der Strömung erfasst.

„Zuerst sahen wir das Boot, dann ein paar Paddel und dann habe ich die Männer unter dem Wehr gesehen. Sie versuchten, sich irgendwo festzukrallen und einer hat geschrien. Da habe ich erst gemerkt, dass das gar nicht geplant war.“ Sein Sohn sei dann direkt ins Wasser gesprungen. Den ersten und den zweiten Mann konnte der relativ schnell ans Ufer bringen. Anfangs habe auch bei Eberhard Koch noch alles ganz gut ausgesehen. Dieser sei vom Wehr 20 bis 30 Meter auf dem Rücken geschwommen, habe die Arme breitgemacht, so Stange. Doch dann habe sich der Mann auf den Bauch gedreht und sich nicht mehr bewegt.

„Mein Vater rief, dass ich mich um den dritten Mann kümmern solle, deshalb bin ich rübergeschwommen, habe den Mann am Oberkörper gepackt und vor allem seinen Kopf aus dem Wasser gehoben“, erzählte Marcus Stange der MZ am Telefon. „Dass das Wasser nur zehn oder elf Grad hatte, habe ich gar nicht bemerkt. Ich habe einfach nur funktioniert.“ Seine Körpergröße von 1,95 Meter hat dem 105-Kilo-Mann wahrscheinlich geholfen, dass er in der schweren Strömung festen Stand hatte. Der 23-Jährige war am Wochenende nur zu Besuch, um mit seinem Vater zu angeln. Ansonsten lebt er im Kreis Mansfeld-Südharz.

Faustschläge retten Leben

Am Ufer angekommen war Eberhard Koch leichenblass, bewusstlos und hatte kaum Puls. „Ich habe mit der Herzdruckmassage begonnen, und mein Vater hat die Mund-zu-Mund-Beatmung übernommen. Das hat ganz schön gegluckert in der Lunge des Mannes.“ Geholfen hatte es allerdings nichts. „Ich hab dann gedacht, okay, da müssen schwerere Geschütze her“, erinnert sich Thomas Stange. „Und dann hab ich ihm einfach drei- bis viermal mit der Faust kräftig auf den Brustkorb geschlagen, und plötzlich war er wieder da“, lächelt der 49-jährige Anlagenfahrer.

Als die drei Kanufahrer am Ufer waren, riefen die Angler den Rettungsdienst, der Koch ins Karl-von-Basedow-Klinikum brachte. Die übrigen drei Boote der Kanutruppe erreichten den Unglücksort an der Weißen Elster eigentlich erst, als das Drama schon vorbei war.

Eberhard Koch hatte den ganzen Schilderungen zugehört, realisierte vielleicht erst jetzt, dass er dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen war. „Ich kann das gar nicht fassen“, meint der Hallenser. „Wahrscheinlich war da oben im Himmel kein Platz frei, deshalb durfte ich unten bleiben“, lächelte er. Mit seinen drei Kanu-Freunden hat er bereits besprochen: Gemeinsam werden sie sich noch bei ihren beiden Rettern ordentlich bedanken. Thomas Stange winkte ab. „Das hätte doch jeder getan. Oder zumindest würde ich mir wünschen, dass, wenn jemand merkt, dass andere in Not sind, sie genau so handeln.“ (mz)

Retter Marcus Stange
Retter Marcus Stange
J. Lukaschek Lizenz
Das Döllnitzer Wehr wurde den Kanufahrern zum Verhängnis.
Das Döllnitzer Wehr wurde den Kanufahrern zum Verhängnis.
Peter Wölk Lizenz