Abwasser Abwasser: Leimbach setzt auf Schilf
LEIMBACH/MZ. - Das hat man uns im Magdeburger Umweltministerium mal so gesagt", erzählt Gerhard Stephan. Und dem habe bisher niemand widersprochen, fügt der Vorsitzende der Gemeinschaft Abwasser Leimbach hinzu.
Gegen große Widerstände haben sich 2003 die 380 Einwohner des Dorfes in einem eigenen Abwasserzweckverband zusammengeschlossen. Sie haben vier Pflanzenkläranlagen gebaut, ein absolutes Novum in Sachsen-Anhalt. Alle Dorfbewohner sind Miteigentümer. Für Technik und Material brachten sie 450 000 Euro auf. Zuschüsse sind nicht geflossen. Und: Die Leimbacher haben in den vergangen fünf Jahren rund 26 000 Arbeitsstunden geleistet, so Stephan. "Manche, die nicht mitarbeiten konnten, haben Kuchen vorbei gebracht", erzählt Ortsvorsteher Rüdiger Seyffarth. Vor allem diesen Gemeinsinn meint Stephan, wenn er vom "Wunder vom Leimbach" spricht. Und das wirkt auch in anderen Bereichen: Auch den Ausbau der Straßen haben die Leimbacher gemeinsam in die Hand genommen. Alle Grundstücksbesitzer zahlen seit Jahren Geld für den Straßenausbau ein. "Auch, wenn ihre eigene Straße noch gar nicht dran war. So konnten wir immer den nötigen Eigenanteil vorweisen", erläutert Ortsvorsteher Seyffarth. Fast alle Straßen sind inzwischen erneuert.
Seit 2004 ist das Dorf eingemeindet und nun der kleinste Ortsteil von Querfurt. Der Leimbacher Karneval hat einen klangvollen Namen in der Region. Der Traditionsverein organisiert Dorffeste, die Feuerwehr ist sowieso immer dabei. Und seit 2003 sind außerdem vier neue Feuerlöschteiche im Dorf entstanden, dieses Jahr ist der letzte fertig geworden. Von Schilf umwachsen, sind dies die Wasserspeicher der dorfeigenen Abwasseraufbereitung. Ein Teich befindet sich im Garten von Gerhard Stephan. "Das vorgeklärte Wasser aus den einzelnen Kläranlagen der 126 angeschlossenen Grundstücke wird in mit Kiesfilter und Schilf gefüllte Becken gepumpt und von dort in die Teiche geleitet", erklärt er. Der Clou: Aus den Speichern wird es als Brauchwasser wieder auf die Grundstücke zurück gebracht, als Gießwasser. Die Werte des Wassers liegen weit unter allen Grenzwerten.
Die Leimbacher mit ihrer dezentralen Bio-Abwasserklärung sind keine Öko-Freaks. Im Ortschaftsrat sitzen CDU und Freie Wähler. Sie hätten die ganze Sache schlicht durchgerechnet, sagt Ortsvorsteher Seyffarth. Jeder Haushalt zahlt eine jährliche Grundgebühr von 35 Euro und für jeden Kubikmeter Abwasser 1,45 Euro, so der Finanzer des kleinen Abwasserzweckverbandes, Lothar Riese. "In der Nachbarschaft zahlt man 135 Euro Gebühr und 3,24 pro Kubikmeter", ergänzt Seyffahrt. Er wisse aber auch, dass Leimbach nur eine Einzellösung sei, begünstigt auch durch die Lage des Ortes.
"Erst mit der Eingemeindung nach Querfurt ist Bewegung in die Sache gekommen, den Plan gab es aber schon lange", sagt Seyffarth. Und während Mahnfeuer in den Nachbardörfern gegen den Anschluss an die zentrale Kanalisation brannten, haben die Leimbacher im Stillen geplant und bis zur Eingemeindung zähe Überzeugungsarbeit geleistet. Bei den eigenen Leuten wie bei vielen, von der Bio-Anlage überforderten Ämtern.
"In der Leimbacher Kirche haben wir 2000 das erste Mal über das Projekt gesprochen", erzählt Professor Helmut Löffler aus Dresden. Er hält die Lizenz für die spezielle Reinigung und die Schilf-Anlage. "Es ist schon progressiver Bürgergeist erforderlich, um so etwas durchzuziehen", sagt er. Gerade in Sachsen-Anhalt, wo solche privaten Bio-Gruppenanlagen nicht gefördert würden. Und das Projekt musste so manche Genehmigungshürde überwinden. Ein Teil der Anlagen sei noch immer nicht abgenommen.
Im Magdeburger Umweltministerium hält man die Leimbacher Lösung für nicht übertragbar. In den vergangenen Jahren habe es in verschiedenen Orten Bestrebungen gegeben, die Abwasserbeseitigung über private Kläranlagen für mehrere Grundstücke privat zu organisieren. "Das ist zwar grundsätzlich möglich, aber nur schwer umsetzbar", sagt Ministeriumssprecher Detlef Thiel. Zu kompliziert seien die Rechtsbeziehungen, die sich bei einer deratigen Lösung ergäben. "In der Regel ist das Interesse nach anfänglicher Euphorie schnell abgeklungen." In Leimbach war das anders.