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  7. Tödlicher Unfall nach Theater in Magdeburg: Fahrer des Unglücksautos jetzt verurteilt

Unglück im Ravelin II Tödlicher Unfall nach Theatervorstellung in Magdeburg: Fahrer schuldig gesprochen

Der tragische Unfall nach einer Theatervorstellung im Ravelin II in Magdeburg ist am Mittwoch vor Gericht verhandelt worden. Der Fahrer einer Show-Feuerwehr wurde in dem Prozess schuldig gesprochen.

Von Ivar Lüthe Aktualisiert: 21.06.2023, 14:48
Nach dem tödlichen Unfall nach einer Theatervorstellung im Magdeburger Ravelin wurden am Unglücksort Blumen niedergelegt.
Nach dem tödlichen Unfall nach einer Theatervorstellung im Magdeburger Ravelin wurden am Unglücksort Blumen niedergelegt. Archivfoto: Stefan Harter

Magdeburg - Es war das tragische Ende einer Theatervorstellung der Kammerspiele in der Festungsanlage Ravelin II in Magdeburg vor fast genau einem Jahr: Beim Wenden einer Show-Feuerwehr wurde ein 19-Jähriger zwischen Feuerwehr und einem Baum eingequetscht und tödlich verletzt. Das Fahrzeug war Teil des Theaterstücks „Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“. Der 56-jährige Fahrer musste sich am 21. Juni 2023 wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung vor dem Amtsgericht Magdeburg verantworten.

Es war von Beginn an eine höchst emotionale Verhandlung. Zunächst verlas der Staatsanwalt die Anklageschrift, in der dem Angeklagten vorgeworfen wurde, durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht zu haben.

Tödlicher Unfall in Magdeburg: 19-Jähriger von Fahrzeug zerquetscht

Nach einer Vorstellung im Ravelin II gab es noch zur Kinderbelustigung kleine Rundfahrten mit der Show-Feuerwehr, einem ehemaligen Löschfahrzeug. An einer Stelle musste die Feuerwehr wenden und dazu rückwärts rangieren. Dazu stand am Heck des Fahrzeugs auf einer Leiter der 19-Jährige, der an dem Tag als Helfer tätig war, um den Fahrer per Handzeichen einzuweisen. Dabei kam es zu dem Unglück.

Nach dem Verlesen der Anklageschrift erklärte die Verteidigung, dass sich der Angeklagte zu den Vorwürfen äußern werde. Der 56-jährige Angeklagte begann unter Tränen und mit stockender Stimme, seine Erklärung zu verlesen.

Darin schilderte er zunächst, wie er den 19-jährigen Nachwuchsschauspieler bereits gut fünf Jahre zuvor kennen und schätzen gelernt habe. Er beschrieb ihn als einen beeindruckenden und begabten Jungschauspieler, der über die Zeit auch zu einem Freund wurde und ein sehr beliebtes Mitglied der Kammerspiele war. Auch mit der Familie sei er gut befreundet.

Prozess nach tödlichem Unfall: Angeklagter spricht von Katastrophe

Tief bewegt und unter Tränen musste er nach kurzer Zeit abbrechen, sein Verteidiger übernahm das Verlesen der persönlichen Erklärung des Angeklagten. Darin wurde unter anderem beschrieben, dass das Theaterstück inklusive der Feuerwehrfahrten vor dem Unglückstag bereits mehrfach aufgeführt worden war.

In den meisten Fällen hatte der 19-Jährige die Einweisung des Fahrers seitlich neben dem Fahrzeug ausgeführt. Bei den Vorstellung in der Festungsanlage jedoch stand er hinten auf der Leiter. Das sei zwischen Fahrer und späterem Opfer so vereinbart gewesen. Bei vorherigen Fahrten sei auch nie etwas passiert. Bis auf diesen Tag, den 26. Juni 2022.

Warum es dennoch zu dem tödlichen Unfall gekommen sei, könne er sich nicht erklären. „Es ist und bleibt die größtmögliche Katastrophe. Es tut mir leid, ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen“, hieß es in der persönlichen Erklärung des Angeklagten.

19-Jähriger tot: Wie kam es zu dem Theater-Unfall in Magdeburg?

Im Laufe der Verhandlung wurden sechs Zeugen gehört, darunter Mitwirkende, Besucher und Polizisten, sowie auch ein Handyvideo gezeigt, das die Fahrt der Feuerwehr und auch den Vorgang des Zurücksetzens dokumentiert. Zudem wurde ein Sachverständiger angehört, der ein Gutachten des Unfallhergangs erstellt hatte.

Laut Gutachter war für den Fahrer der hinter der Feuerwehr nahende schräggewachsene Baum nicht zu erkennen. Beim Rückwärtsfahren habe die Feuerwehr eine Geschwindigkeit von etwa vier Kilometern pro Stunde gehabt. Die Frage, ob der Unfall vermeidbar gewesen wäre, beantwortete der Sachverständige mit dem Verweis darauf, dass die einweisende Person nie hätte hinten auf der Leiter stehen dürfen. Sie hätte sich neben dem Fahrzeug befinden müssen.

Tödlicher Unfall in Magdeburg: Angeklagter muss 2000 Euro an Kinderhospiz zahlen

In seinem Plädoyer ging auch der Staatsanwalt auf diesen Punkt ein. Der angeklagte Fahrer hätte es nicht zulassen dürfen, dass sich jemand hinten auf dem Fahrzeug befindet. Dem Opfer sei hier kein Vorwurf zu machen, der Fahrer hätte seiner Sorgfaltspflicht nachkommen müssen.

Unter Berücksichtigung aller entlastenden Umstände wie der Einlassung des Angeklagten, forderte er eine Freiheitsstrafe wegen fahrlässiger Tötung von neun Monaten auf zwei Jahre Bewährung. Die Verteidigung sah hingegen eine Geldstrafe für angemessen an.

Tödlicher Unfall nach Theaterstück: Gericht sieht Verletzung der Sorgfaltspflicht

Das Gericht entschied letztlich, dass der Angeklagte der fahrlässigen Tötung schuldig sei, sah bei ihm eine Verletzung der Sorgfaltspflicht. Er hätte so nicht handeln dürfen. Strafmildernd wurde gewertet, dass der Angeklagte sich zu Beginn der Verhandlung eingelassen hatte, nicht vorbestraft ist und selbst sichtbar unter dem Unglück zu leiden hat und es auch weiter sein Leben lang mit sich tragen müsse.

Wegen fahrlässiger Tötung wurde er zu einer Geldstrafe unter Vorbehalt verurteilt - als Auflage muss er 2000 Euro an das Kinderhospiz bezahlen.