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Anschlag auf Weihnachtsmarkt Magdeburg Wie sich ein 16-Jähriger nach Koma und Not-OP zurück ins Leben kämpft

Ein dreiviertel Jahr nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt sind die Opfer noch immer mit den Folgen konfrontiert. Darunter ist auch der mittlerweile 16-jährige Niclas Brauer aus Peine. Er wurde damals lebensgefährlich verletzt und kämpft sich nun zurück in den Alltag.

Von DUR/tm 16.10.2025, 12:58
Der mittlerweile 16-jährige Niclas Brauer aus Peine ist eines der Opfer des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Seitdem ist er im Alltag auf einen Rollator angewiesen.
Der mittlerweile 16-jährige Niclas Brauer aus Peine ist eines der Opfer des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Seitdem ist er im Alltag auf einen Rollator angewiesen. Foto: NDR/Marie Stiller

Magdeburg/Peine. – Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt hat tiefe Wunden hinterlassen. Viele der Opfer leiden noch heute an den Folgen der Amokfahrt – so auch der mittlerweile 16-jährige Niclas Brauer aus Peine.

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Nach Anschlag in Magdeburg: Niclas holt Schulabschluss nach

Wie der NDR berichtet, macht Niclas Brauer gute Fortschritte bei seiner Genesung. Ende Juli wurde der Jugendliche aus der stationären Reha entlassen. Seit einigen Wochen ist er zurück in der Schule. Die 10. Klasse wiederholt er. "Ich hab' mich am Anfang nicht gefreut", erzählt er in dem NDR-Beitrag. "Ich hatte Angst davor, wie die Schüler reagieren."

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Doch seine Mitschüler nehmen Rücksicht, haben Verständnis für die Situation, in der sich Niclas Brauer befindet. "Ich war schon neugierig, aber habe ihn aus Respekt nicht gefragt", sagt seine Mitschülerin Jenny. Sie und Niclas sind schon lange befreundet – auch dem Unfall hat das nicht verändert. "Ich sehe ihn immer noch als den Niclas von vorher."

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Niclas nach Anschlag auf Rollator angewiesen

Am Abend des Anschlags war der 16-Jährige zu Besuch bei seiner Tante in Magdeburg. An einer Fußgängerampel am Weihnachtsmarkt wurde er von dem Auto des Attentäters erfasst. An den Moment könne er sich noch ganz genau erinnern – an die zwei Wochen danach jedoch nicht. Niclas lag zeitweise im Koma, verlor viel Blut und musste mehrfach notoperiert werden.

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"Rechts war meine Schulter gebrochen, der Oberschenkel war gebrochen, das Becken war zweimal gebrochen, das Sprunggelenk war um 180 Grad gedreht und das linke Bein war ausgekugelt", erzählt er.

Es ist ein Wunder, dass Niclas Brauer heute überhaupt wieder laufen kann. Sein stetiger Begleiter dabei: ein Rollator. Ohne diesen könne er aktuell keine weiteren Strecken zurücklegen.

Für Bruder Tom ist Niclas sein "Herz und alles, was ich hab'"

Zu Hause benötigt er die Hilfe seiner Eltern. Die Brauers wohnen in einem Mehrfamilienhaus ohne Aufzug. Seine Mutter Sonja trägt täglich den Rollator von Niclas in den zweiten Stock.

Er selbst kann inzwischen wieder Treppen steigen, muss jedoch immer wieder Pausen einlegen. "Es ist einfach dolle anstrengend. Meine Beine müssen mich ja die Stufen hochdrücken. Und das tut manchmal weh", so Niclas Brauer.

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Die Familien-Wohnung verlässt er seit dem Anschlag nur noch selten. Er meidet Menschenansammlungen, Geräusche und Enge lösen bei ihm Erinnerungen aus. Beim Anziehen, Duschen und dem Gang zur Toilette benötigt er Hilfe. 

Früher war er mit seinem kleinen Bruder Tom oft auf dem Spielplatz. "Das geht heute nicht mehr. Die Zeit vermisse ich", sagt Niclas in dem NDR-Beitrag. Nach acht Monaten in Krankenhaus und Reha kam der 16-Jährige wieder nach Hause.

Um mehr Platz für seinen Rollator zu haben, musste er mit Tom sein Zimmer tauschen. Für den Neunjährigen eine Selbstverständlichkeit: "Als Niclas nicht da war, das war schlimm. Ohne meinen Bruder kann ich nicht leben, weil mein Bruder ist mein Herz und alles, was ich hab'."

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Diese Pläne hat 16-jähriges Anschlagsopfer 

Während sich Niclas Brauer zurück in den Alltag kämpft, hofft seine Familie, bald umziehen zu können. "Für Niclas ist das hier alles zu eng, er kann nicht vernünftig mit dem Rollator durch die Wohnung laufen und der Weg zum Bad ist nicht eben. Wir brauchen eine barrierefreie Wohnung", erklärt Vater Christian.

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Niclas selbst hofft, schnell wieder ohne seine Gehhilfe laufen zu können. Nach dem Schulabschluss wolle er eine Ausbildung machen. "Ich will Busfahrer werden", sagt der 16-Jährige entschlossen.