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Umfrage der MZ Wie angesagt ist „cringe“? Was die Köthener zum Jugendwort des Jahres sagen

Das Jugendwort des Jahres steht fest. Doch verwenden das Jugendliche überhaupt im Alltag ? Und wie haben Ältere früher miteinander geredet?

Von Jessica Vogts 30.10.2021, 12:00
"Cringe" ist das Jugendwort des Jahres 2021
"Cringe" ist das Jugendwort des Jahres 2021 (Foto: Marijan Murat/dpa)

Köthen/MZ - „Cringe“ ist das Jugendwort des Jahres 2021. Mit 42 Prozent hat der Langenscheidt-Verlag das Wort zum Sieger gekürt. Es beschreibt etwas Unangenehmes oder Peinliches. Häufig benutzen es Jugendliche auch in Bezug auf das Verhalten anderer Menschen. Das Wort stammt aus dem Englischen, „to cringe“ bedeutet dort ursprünglich „zusammenzucken“.

Und wie sieht es hier in der Region aus? Sagt man tatsächlich „cringe“ oder gibt es Wörter, die durchaus beliebter sind? Die MZ hat sich in Köthen umgehört. „Eigentlich ist so ein Jugendwort überbewertet“, findet zumindest der 15-jährige Joshua Bayer. In seinem Umfeld würde man selten solche Wörter benutzen. Viel häufiger würde man dagegen „Digga“ sagen, was so viel bedeutet wie „Alter“ oder „Dicker“.

Viele Kinder würden das Wort verwenden, um eine komische Situation zu kommentieren

Der 13-jährige Eric Zander sagt auch lieber „Digga“ - aber nur zu Leuten, die er kenne, betont er. Der Begriff „cringe“ würde aber in der Schule sehr oft fallen. Viele Kinder würden das Wort verwenden, um eine komische Situation zu kommentieren. Sein Papa wollte einmal das Wort in einem anderen Kontext nutzen, sagte aber statt „cringe“ „Grinse“.

Aber ein spezifisches Jugendwort? Das braucht es seiner Meinung nach auch nicht. „Jeder hat ja heutzutage seine eigene Sprache“, sagt der Schüler. An einem Wort allein könne man die Sprache aber nicht festmachen. Und so haben die jungen Menschen bereits ihre ganz eigene Geheimsprache entwickelt. Wenn jemand in der Schule pupsen muss, heißt es etwa „seid mal leise, ich schicke einen auf die Reise“, verrät der 13-Jährige.

„Ich habe vorher nicht gewusst, was das bedeutet“

Und was sagt die ältere Generation dazu? „Alles Mist?“, vermuttet eine ältere Dame, die unerkannt bleiben möchte, hinter dem Begriff. In den Nachrichten haben die älteren Herrschaften von dem Jugendwort gehört. Das hat der Großteil der Köthener bei der Umfrage erklärt.

„Ich habe vorher nicht gewusst, was das bedeutet“, gibt Prof. Hans-Jürgen Kaftan zu. Seine Studenten wüssten mit Sicherheit die Antwort. Für ihn ist das Jugendwort des Jahres einfach nur ein Kunstwort. Auch in seiner Generation habe man Jugendwörter gehabt, erinnert er sich. „Das fetzt“ - das habe man für spaßige Aktionen verwendet. Ein Ausspruch, der auch anderen Köthenern durchaus geläufig ist.

Benutzen junge Erwachsene diese Begriffe auch in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch?

Die Abstimmung erfolgte seit dem 14. Juni. „Cringe“ setzte sich vor „sus“ durch. Das leitet sich vom englischen „suspect“ ab und beschreibt etwas Verdächtiges. Auf Platz drei kam der Begriff „sheesh“. Dieser ist ein Ausdruck des Erstaunens und wird häufig benutzt, um das Gesagte zu dramatisieren. Im letzten Jahr wurde der Begriff „lost“ zum Jugendwort des Jahres gekürt. Dieser drückt Unsicherheit, Ahnungslosigkeit aus. Laut dem Verlag nahmen 2021 über 1,2 Millionen Jugendliche an der Umfrage daran teil.

Doch benutzen junge Erwachsene diese Begriffe auch in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch? Lange Zeit stand die Wahl des Jugendwortes in der Kritik. Entweder waren die Begriffe nicht relevant oder würden gar nicht von den Kindern verwendet werden. Das Grundproblem: Eine Jury aus Erwachsenen wählte Jahr für Jahr das neue Jugendwort. Die Meinung der Hauptakteure blieb außen vor. Erst seit 2020 wählen die Jugendlichen selbst.