Weste als Signal Weste als Signal: Quellendorfer Pfarrer setzt Zeichen für Seenotrettung im Mittelmeer

Quellendorf - Die Tür der Kirche - verschlossen. Quellendorf ist still, präsentiert sich an diesem Sonntagvormittag düster, ohne Sonne, leicht verregnet und empfindlich kühl.
Aber gegenüber der Kirche, im evangelischen Pfarramt der Landgemeinde St. Christophorus, scheint Bewegung zu sein. Die Lampe über der Tür brennt. Davor steht ein Fahrrad, flankiert von zwei Rollatoren. Aus dem benachbarten Raum dringen Stimmen. Der Pfarrer spricht. Am Ende seiner Predigt auch von einer orangefarbenen Rettungsweste, die er nach diesem Gottesdienst an der Pfarrhausfassade anbringen werde. Und er berichtet, was es damit auf sich hat.
Die Landgemeinde in Quellendorf beteiligt sich an der Aktion der Organisation „Seebrücke
Er wirbt dafür, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass Menschen auf der Flucht sind und im Mittelmeer ertrinken. Schlimmer könne es nicht werden. Die Weste hänge nicht dort, weil er, der Pfarrer, auf eine neue Sintflut warte, meint er augenzwinkernd.
Die Landgemeinde in Quellendorf (Stadt Südliches Anhalt) beteiligt sich an der Aktion der Organisation „Seebrücke“. Mit den orangefarbenen Rettungswesten wollen die Kirchen auf die Flüchtlingsproblematik hinweisen. Ronald Höpner ist sich durchaus bewusst, dass dies ein Thema ist, das man kontrovers diskutiert - auch in seiner Gemeinde. Die einen meinten, es gehe gar nicht, dass wir uns nicht kümmerten. Die anderen würden darauf verweisen, dass man genügend eigene Probleme habe. Die jedoch, erwidert der Pfarrer dann, man nicht auf Kosten anderer würde lösen können. Auch wenn der Vergleich hinken möge: „Wenn man einen Schnupfen hat, kocht man seinen Kindern trotzdem etwas zu essen.“
Für den Pfarrer eine Frage der Nächstenliebe
Für den Pfarrer von St. Christophorus ist es zuallererst „eine Frage der christlichen Nächstenliebe“, Menschen in Not zu helfen. Menschen, die fliehen und sich der Gefahr aussetzen, im Mittelmeer zu ertrinken. „Ich halte solche Bilder nur schwer aus“, sagt er, „und schaue kaum noch Nachrichten.“
Mit der orangefarbenen Rettungsweste am Pfarrhaus will er im besten Fall Gespräche initiieren. Wenn die Leute darüber reden, sich fragen, was es mit dieser Weste auf sich hat, würde ihn das freuen. Einige, ist er überzeugt, werden auch ihren Unmut kundtun. Aber: „Wenn diese Aktion allein ein kurzes Nachdenken über die Flüchtlingsproblematik auslöst, wäre das schon gut.“ (mz)
Die „Seebrücke“ ist eine internationale Bewegung, die von verschiedenen Akteuren der Zivilgesellschaft getragen wird. Sie solidarisiert sich mit Menschen auf der Flucht und erwartet von der deutschen und der europäischen Politik eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die fliehen mussten oder noch auf der Flucht sind. Menschen auf dem Mittelmeer sterben zu lassen, sei unerträglich.
40 Tage sollen die orangefarbenen Rettungswesten, dem Symbol der Bewegung, an Kirchengebäuden hängen. Die Zahl 40 steht in der Bibel für eine Zeit der Besinnung und Umkehr. „Wir wollen uns angesichts der Not der Menschen nicht in unsere Häuser zurückziehen“, begründet die Dessauer Kreisoberpfarrerin Annegret Friedrich-Berenbruch, warum sich Kirchengemeinden der Aktion anschließen würden.