Mehr Farbe für Köthen WC-Häuschen in der Bärteichpromenade hat eine neue bunte Fassade bekommen

Köthen/MZ - Köthen ist um einen grauen Fleck ärmer: Wer dieser Tage die Bärteichpromenade entlangläuft, wird schnell erkennen, dass das früher weiße WC-Häuschen plötzlich sehr farbig geworden ist. Verschiedene Motive wechseln sich ab, sie alle sind während eines zweitägigen Graffiti-Workshops entstanden.
Die Idee für den Lehrgang hatte Köthens Streetworkerin Nadine Anhalt. Gemeinsam mit Migrationsberaterin Steffi Grohmann-Louizou und der Kirchgemeinde St. Jakob begann sie im Frühjahr mit der Planung, diesen Teil des öffentlichen Raumes neu zu gestalten. Der Name des Projekts „So bunt is Köthen“ ist Programm, denn viele der insgesamt zehn Teilnehmer haben einen Migrationshintergrund. Was sie nicht haben, ist künstlerische Vorerfahrung. Aber die brauchen sie auch nicht, denn dafür sind mit Alexander Sitt und Etienne Feige zwei erfahrene Künstler am Projekt beteiligt.
Am Dienstagnachmittag sind Feige und Salomon Bessie gerade dabei, Bessies Idee zu verwirklichen. Sein Motiv dreht sich um zwei Wörter - Frieden und Liebe - die in seiner Heimatsprache amharisch, die vor allem im Norden Äthiopiens verbreitet ist, in gelb und blau eine Wand des WC-Häuschens zieren. Um die beiden Wörter herum gestaltet Bessie in Eigenregie den Rest des Motivs, sucht sich die Farben selber aus.
„Wir haben uns gemeinsam mit den Teilnehmern hingesetzt, uns Gedanken gemacht über ihre Motive und helfen ihnen bei der Umsetzung“, erklärt der angehende Sozialarbeiter und begeisterte Graffitikünstler Feige, der aus Bernburg angereist ist.
Der Profi vor Ort ist der Köthener Alexander Sitt, der schon viele Projekte in der Bachstadt umgesetzt hat, das prominenteste ist wohl die Fassade des ehemaligen Möbelkaufhauses in der Schalaunischen Straße. Er war von Anfang an überzeugt vom Projekt: „Es ist schön, sein Wissen weiterzugeben an Menschen, die sich ausdrücken wollen“, sagt der 41-Jährige, der bereits seit 25 Jahren Straßenkunst macht. Anzuleiten sei dabei sehr wichtig, denn vor allem für Anfänger sei das ein kompliziertes Handwerk. Es gäbe viel zu beachten, erklärt Alexander Sitt: Wie man die Sprühdose hält, welchen Abstand zur Wand man wählt - all das will gelernt sein.
Dass viele Menschen Graffiti oft nur als Schmierereien an Hauswänden wahrnehmen, ist den Verantwortlichen durchaus bewusst. Sie sind nichtsdestotrotz davon überzeugt, dass das fertige Projekt einen Mehrwert für die Bachstadt bringt und wollen zeigen, was möglich ist. „Vorher war das WC-Häuschen komplett farblos. Schlechter geht es wirklich nicht mehr“, sagt Nadine Anhalt schmunzelnd. „Klar, Kunst ist immer individuell, ich finde auch nicht alles gut. Trotzdem fände ich es schön, wenn die Menschen ihre Scheuklappen ablegen“, fügt Etienne Feige hinzu. Pfarrer Horst Leischner, der spontan auf dem Weg zu einem Termin vorbeigekommen ist, ergänzt: „Wir brauchen noch viel mehr Farbtupfer.“
Die Resonanz unter den Teilnehmern indes sei durchweg positiv, berichtet Streetworkerin Nadine Anhalt. Sie versteht das Projekt als „aktive Demokratiebildung“ in Toleranz und eine Möglichkeit für die jungen Menschen zwischen 18 und 27 Jahren, sich auf bleibende Weise in das Stadtbild einzubringen. Zufriedene Teilnehmer und ein buntes Haus seien ihr Anspruch an den Workshop, sagt sie. Was offensichtlich erreicht werden konnte.