Fachkräfte in Gastronomie Vorbild für andere? Freizeit- und Ferienhof in Großpaschleben setzt auf junge Leute aus Indonesien
Wolfgang Nickel vom „Paschlewwer Freizeit- & Ferienhof“ erläutert der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Tourismus seine Azubi-Strategie.

Großpaschleben/MZ - Woher bekommt die Gastronomie ihre Fachkräfte? Um diese Frage drehte sich das Arbeitsessen der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Tourismus des Landes vor einigen Tagen im „Paschlewwer Freizeit- & Ferienhof“ in Großpaschleben. Dessen Inhaber, Wolfgang und Kerstin Nickel, bilden seit einigen Jahren junge Indonesierinnen und Indonesier aus. Ein Erfolgsmodell.
Bei einem Rundgang erläuterte Kerstin Nickel den Besuchern, wie aus der 1999 erworbenen alten Schraubenfabrik ein Ausflugsziel für Familien wurde. Das Ehepaar hat klein begonnen. 2004 wurde die erste gegrillte Forelle in ihrem Imbiss mit benachbartem Forellenteich verkauft. Immer mehr Besucher kamen vorbei. Mit ihnen wuchs der Forellenhof. Stück für Stück. Jahr für Jahr. „Geplant war das gar nicht so riesengroß“, erzählt Kerstin Nickel.
Weitere Zimmer auf Gelände entstanden
Als immer mehr Anfragen für Familienfeiern an die Inhaber herangetragen wurden, entschieden sich Wolfgang und Kerstin Nickel dazu, die alte Produktionshalle auf dem Gelände zu einem Festsaal auszubauen. Hinzu kamen Übernachtungsmöglichkeiten. Als die nicht mehr ausreichten, entstand ein Bungalowdorf. Vor einigen Monaten wurde erneut gebaut. Weitere Zimmer für Gäste wurden geschaffen. Das Ehepaar hatte dafür das Nachbargrundstück gekauft, einen ehemaligen Metallbaubetrieb.
Der Forellenhof wuchs und wuchs – und damit auch der Bedarf an Fachkräften. Da die hierzulande jedoch immer schwieriger zu finden waren, schaute sich Wolfgang Nickel im Ausland um. In Indonesien wurde der Inhaber des „Paschlewwer Freizeit- & Ferienhofes“ schließlich fündig. Er überzeugte junge Studenten und auch die Botschaft in der Hauptstadt Jakarta von seiner Idee. Seit mehr als fünf Jahren bildet der Forellenhof nun junge Indonesierinnen und Indonesier aus. Das Ehepaar ist wie eine zweite Familie für die Azubis. „Man muss für die jungen Leute da sein“, betont Wolfgang Nickel. Sie seien schließlich tausende Kilometer von Zuhause entfernt.
Staatssekretärin zu Besuch im Forellenhof
Fachkräfte aus dem Ausland zu beschäftigen, mag in der Theorie einfach klingen, in der Praxis aber ist es ein langer und holpriger Weg, hat Wolfgang Nickel festgestellt. Was vor allem für die Gastronomiebetriebe schwierig ist, die dringend Nachwuchs brauchen. „Es klemmt an allen Ecken und Enden“, bedauert er.
Stefanie Pötzsch, die Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, hörte dem Gastronom aufmerksam zu. „Ändern werden wir es nicht können“, merkte sie an. „Wir müssen mit den Gegebenheiten umgehen.“ In Fachkräften aus dem Ausland sahen auch andere Teilnehmer des Arbeitsessens eine Zukunft für die Gastronomie.
Gestiegene Preise in der Gastronomie
Dass die nach der Corona-Pandemie nun angesichts des Krieges in der Ukraine und der steigenden Preise für Lebensmittel erneut in einer Krise steckt, auch darüber wurde gesprochen. „Nicht jeder kann sich die steigenden Preise in der Gastronomie leisten“, sagte Stefanie Pötzsch. Michael Bügener, der Geschäftsführer der Fläminger Entenspezialitäten Reuden/Anhalt, berichtete, dass sich die Preise für Enten inzwischen verdoppelt haben.
Am Rande des Arbeitsessens spielte auch der touristische Weg des Osternienburger Landes, wozu Großpaschleben gehört, eine Rolle. „Wir wollen touristisch stärker sichtbar werden“, machte Bürgermeister Stefan Hemmerling deutlich. Die Ansiedlung von Industrie gestalte sich schwierig, weshalb der Blick auf den Tourismus gelenkt werden müsse. „Der R1 ist für uns als Gemeinde das Bindeglied.“ Alle Ortsteile müssten dabei mitgenommen werden. Dazu seien nun Hinweistafeln mit einheitlicher Gestaltung geplant. „Der Radtourismus ist für uns identitätsstiftend.“
Dass zwischen Osternienburg und Aken ein Radweg gehört, brachte Dietmar Krause, der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Tourismus, in diesem Zusammenhang einmal mehr ein. Den würden nicht nur Touristen nutzen, sondern auch Schulkinder.