Vogelwelt Vogelwelt : Adebar im Schnee

köthen/Raguhn/aken/MZ - Helmut Degen hat ihn gesehen. Ingolf Todte noch nicht. Andreas Rößler allerdings schon. Und zwar auf einem Gelände zwischen Großpaschleben und Köthen-Geuz. Dort hat er gestanden: der Storch nämlich. Neben dem Schneeglöckchen ist Adebar einer der klassischen Frühjahrsboten. In diesem Jahr allerdings hat er ein Problem: Der Winter zieht sich unheimlich in die Länge und das hat nicht nur Auswirkungen auf den Alltag der Menschen, auch die Störche, die schon vorfristig eingetroffen sind, müssen mit der Situation zurechtkommen.
„Der Stroch“, meint Andreas Rößler, „ist eigentlich viel robuster, als das gemeinhin angenommen wird“, sagt Andreas Rößler. Rößler muss es wissen: Zum einen ist er Leiter der Unteren Naturschutzbehörde bei der Landkreisverwaltung, zum anderen seit längerer Zeit Vorsitzender des Ornithologischen Vereins Cöthen (OVC). In beiden Funktionen hat er den Storch im Blick. Und genug Kenntnisse, um die Sorgen zu zerstreuen, die manche MZ-Leser geäußert hatten. „Es hat schon Fälle gegeben, dass Störche Minustemperaturen von 10 oder 15 Grad überstanden haben“, stellt Rößler fest. Nicht die Kälte an sich sei das Problem, mit dem Adebar zu kämpfen habe, „sondern es geht ums Futter“.
Mäuse als Nahrungsquelle
Auch da sei aber die Schneedecke, die in den zurückliegenden Tagen wieder aufgewachsen ist, kein komplettes Ausschlusskriterium. „Man kann durchaus erkennen, dass Mäuse unter dem Schnee aktiv sind.“ Und Mäuse seien mehr oder minder die Hauptnahrung des Storches unter den momentan herrschenden Naturbedingungen. „Da ist es hilfreich, dass es genügend Stellen gibt, wo der Schnee soweit verweht wurde, dass das Grün darunter erkennbar ist.“ Das sei dann der Platz, wo der Storch die Maus erwischt. „Bei einem halben Meter Schnee sähe es aber schon anders aus.“
Noch nicht so recht kommt der Storch an seine andere Nahrungsquelle heran, die man üblicherweise kennt: an Frösche und andere Amphibien. „Die sind noch kaum ein Thema“, so Rößler. Am Sonntag sei er im Altkreis unterwegs gewesen, „da waren die Standgewässer zu 95 Prozent gefroren.“
Noch keine Störche
Ingolf Todte, Storchenexperte aus Aken, der seit vielen Jahren im Altkreis Störche beringt und ihr Brutverhalten dokumentiert, hat in diesem Jahr noch keinen Storch gesehen. „Und mir hat auch noch keiner einen gemeldet, was aber nicht heißt, dass nicht schon welche hier sein könnten.“
Ein „paar verrückte“ Störche gebe es immer. Seiner Kenntnis nach seien die Rückkehrer aus Afrika, die auf der Route über Syrien kommen, in Rumänien steckengeblieben. „Die können wir dann in ein, zwei Wochen erwarten.“ Auch Todte bestätigt, dass Störche mehr Wetterunbilden aushalten, als man denkt. „Die fliegen auch bei Schneegriesel.“ Und das Futter „finden sie in offenen Gräben und Mäuse an offenen Stellen im Schnee.“ Im übrigen sei der Storch nicht wählerisch und suche auch in Gärten nach Fressbarem.
Im Winter in Spanien
Wann der Storch sich in unserer Region blicken lässt, sei durchaus unterschiedlich. Den „frühesten“ Storch hat Ingolf Todte „um den 10. März herum“ erlebt. Seitdem nicht mehr alle Störche in Afrika überwintern, sondern ein erheblicher Teil den Winter in Spanien verbringt, ist der Weg zurück nicht mehr so lang und schneller erledigt. „Ich schätze mal, dass etwa die Hälfte der Störche in unserer Region inzwischen das Winterquartier in Spanien hat“, sagt Todte.
Gut möglich also, dass der Storch, den Helmut Degen beobachten konnte, die „spanische Route“ genommen hat. Denn Degen, wohnhaft in Raguhn, hat bereits am 8. März den Premierenstorch 2013 erspäht und dies der MZ gemeldet. Einquartiert hat sich der Adebar auf dem Schornstein der Firma Esra. „Am Tag darauf“, so Helmut Degen, der in unmittelbarer Nähe wohnt, „haben wir beobachtet, wie sich fünf Störche um den Horst gestritten haben. Zwei sind dann da geblieben.“ Am 16. März wurden dann durch Degen auf einem verschneiten Feld bei Raguhn zwei Störche beobachtet, „vermutlich die beiden, die das Nest auf dem Schornstein bezogen haben.“