Vernässung in Köthen Vernässung in Köthen: Drainage-Plan am Ratswall wurde gekippt
Köthen - Für die Bürgerinitiative Köthen/Anhalt war die Bewertung eindeutig: Es sei ein „schwarzer Tag für die Vernässungsopfer im Ratswall“ gewesen, als das Projekt „Drainage“ zu Grabe getragen wurde. Ein Projekt der Stadtverwaltung, das allerdings erst durch den Dauerdruck der Betroffenen in Ratswall, Leopoldstraße, Badeweg und Langer Straße zustande gekommen war. Geplant war, im kommenden Jahr Kanalbauarbeiten des Abwasserverbandes im Ratswall dazu zu nutzen, in den für den Kanal ausgehobenen Graben gleich eine Drainageleitung mit zu versenken, mit deren Hilfe Wasser aus dem südlich des Ratswalls gelegenen, stark vernässten Quartier abzuziehen - mit dem Ziel wenigstens die Gärten der betroffenen Grundstücke wieder nutzbar zu machen.
Trotz langfristiger Vorbereitung ist das Projekt jetzt im Bau-, Sanierungs- und Umweltausschuss des Stadtrates gekippt worden. Da auf dem zu entwässernden Gebiet mehrere Altlastenverdachtsflächen liegen, hatte die Untere Wasserbehörde bei der Landkreisverwaltung vor der Erteilung der Einleitgenehmigung eine Grundwasseranalyse gefordert. Mit der Mutmaßung, man könnte dort Kohlenwasserstoff-Rückstände vorfinden. Die waren zwar Fehlanzeige bei der Analyse, dafür aber stießen die Grundwassertester auf Mangan- und Sulfatwerte, die weit über den Grenzwerten für eine Einleitung des Wassers in die Ziethe lagen. Was andersherum bedeutet: Die Untere Wasserbehörde erteilt bei solchen Werten keine Einleitgenehmigung.
Technisch ausgefeilte Steuer- und Regeltechnik
Oder doch, wenn die Stadt eine entsprechende Vorbehandlung des Grundwassers, das in die Ziethe soll, vornehmen würde. Durch chemische Zusätze könnte Mangan ausgefällt und über Filterausgesiebt werden. Dazu gehört dann eine technisch ausgefeilte Steuer- und Regeltechnik.
Mangan und Sulfat sind zwar keine Schadstoffe im herkömmlichen Sinne, sondern kommen ganz natürlich vor, dennoch gibt es Grenzwerte für ihre Einleitung in ein Oberflächengewässer. Bei Mangan liegt der Grenzwert bei 500 Mikrogramm je Liter, bei Sulfat sind es 450 Milligramm je Liter. Im Drainagewasser würden die Werte bei 1.680 Mikrogramm (Mangan) und 1.360 Milligramm (Sulfat) liegen. Ein Liter Ziethewasser enthält (Durchschnitt 2013) aber nur 193 Mikrogramm Mangan und 406 Milligramm Sulfat. Da durch die Einleitung keine Verschlechterung des ökologischen und chemischen Zustandes des Gewässers eintreten darf, kann die Genehmigung nicht erteilt werden. (mb)
Das hört sich nicht nur teuer an, das ist teuer. Nach Feststellung der Stadt würden sich die Baukosten durch die Vorbehandlung des Grundwasser um 1,13 Millionen Euro brutto erhöhen. Köthen würde - bei einer Förderung von 65 Prozent - einen Eigenanteil von etwa 443 000 Euro aufbringen müssen. Erhöhen würden sich auch di e Planungskosten, von denen die Stadt 20 Prozent zu tragen hat. Und dazu kommen noch Betriebskosten, u.a. durch die pflichtgemäße wöchentliche Beprobung des Wassers durch ein externe Büro. Ganz zu schweigen davon, ob die Maßnahme aufgrund der hohen Kosten überhaupt noch förderfähig wäre - eine Aussage dazu konnte in der kurzen Frist nicht geklärt werden.
So wie die Bürgerinitiative jahrelang für eine Lösung des Problems gekämpft hatte, kämpfte sie nun für das Überleben der Drainage-Variante. Sie hatte selbst Proben genommen, an den im Ratswall existierenden Messstellen für das Schichtenwasser genommen, sie analysieren lassen (von wem, wurde nicht gesagt) und war auf andere Werte als das Ingenieurbüro aus Nordhausen gekommen, dass die Analyse für die Einleitgenehmigung vorgenommen hatte. Werte, bei denen die Grenzwerte nicht verletzt wurden.
„Das spielt für die Untere Wasserbehörde aber keine Rolle.“
Zwar wurden die Werte nicht anerkannt, weil es laut Baudezernentin Ina Rauer für Gewinnung einer Grundwasserprobe Regelwerke gibt, die eingehalten werden müssen - aber letztlich wurde durch die Verwaltung gar nicht in Abrede gestellt, dass die Werte in anderen Bereichen, als in den gemessenen möglicherweise niedriger sein können: „Das spielt für die Untere Wasserbehörde aber keine Rolle.“ Da gehe es vielmehr um Mittelwerte und darum, was an den Übergabepunkten gemessen werde.
Die Verwaltung, so wurde unterstrichen, sei mit der Entwicklung äußerst unglücklich - was man geneigt ist zu glauben, denn immerhin hatte die Mannschaft um Ina Rauer und „Wasserfrau“ Andrea Albrecht viel Zeit und Mühe darin investiert, die Planungen für die Ratswall-Drainage voranzutreiben.
Dass sich auch der Ausschuss nicht wirklich einig war, über das Vorgehen, zeigte das Ergebnis der Abstimmung: Sechs Mitglieder waren dafür, das Projekt zu kippen, einer war dagegen, vier enthielten sich. Es war auch die Rede davon, das Vorhaben nicht ganz sterben zu lassen. Angesichts der Kosten ist dies aber wohl nur ein frommer Wunsch. (mz)