Veranstaltungsreihe in Köthen Veranstaltungsreihe in Köthen: Jede Frau eine Prinzessin?

köthen/MZ - „Du bist unendlich kostbar in meinen Augen. Du bist unvergleichlich und einmalig“, erfüllte die warme Stimme Simone Rogges den Raum der Köthener Mensa. Ohne große Umschweife verlieh die Moderatorin allen Teilnehmerinnen des Frauenfrühstücks die Prinzessinnenwürde. Und machte damit gleich deutlich, welches Thema auf die Frauen an jenem Samstagvormittag warten würde: „Zwischen Prinzessin auf der Erbse und Aschenputtel“.
224 Frauen folgten Einladung
Doch bevor die Hauptreferentin des Vormittags, Theaterpädagogin und Theologin Bettina Becker aus Magdeburg, ihre Ausführungen zum Prinzessinnen-Dasein vorstellen sollte, lud Simone Rogge die 224 Damen ein, in aller Gemütlichkeit beim Frühstücksbuffet zuzugreifen. Bei Brot und Brötchen, kalten und warmen Speisen, Obst und Gemüse, Tee und Kaffee entstand schnell eine gemütliche Atmosphäre. Der strahlende Sonnenschein, der durch die großen Fensterfronten kam, potenzierte die gute Stimmung ungemein. Die einzigen beiden Männer im Saal, Manfred Apitz und Karl Just von der Köthener Musikschule, umrahmten musikalisch die Sprechpausen mit Violine und Keyboard.
Den Anfang machte Gymnasiallehrerin Christiane Taggesell, die in ihrem persönlichen Erlebnisbericht ihre Beziehung zu Märchen und ihre besondere Verbindung zu Gott erläuterte und inhaltlich zum Motto des Samstagvormittags hinführte. Hauptreferentin Bettina Becker dürfte für viele Besucherinnen des Frühstückstreffens keine Unbekannte gewesen sein. Bereits 2010 brachte sie die eine oder andere Dame zum Nachdenken und auch Schmunzeln mit ihrem Programm „Nicht perfekt, aber brillant“ – das dazugehörige Buch hatte sie für Interessierte im Schlepptau. Und die Vorfreude, wieder in Köthen auftreten zu können, merkte man ihr sofort an. „Kann aus Aschenputtel eine Prinzessin werden?“, stand die Frage im Raum. „Haben Sie heute früh in den Spiegel geschaut und sich gesagt: ,Na, da ist die Prinzessin ja wieder´?“ Damit brach die Pädagogin das Eis und erntete Gelächter aus dem Publikum.
Ein Mal eine Prinzessin zu sein – dies riefe bei jeder Frau zwischen vier und 94 ein Leuchten in den Augen hervor, war sich die 35-jährige Magdeburgerin sicher. Doch sich im gar nicht königlichen Alltag wie eine Prinzessin zu fühlen, das sei mitunter sehr schwer. „Jedes Märchen über Prinzessinnen hat vier immer gleiche Merkmale“, erläuterte die Referentin, „ein Vater, der König ist; sie ist in einen reichen und schönen Prinzen verliebt; eine Prinzessin hat kleine und anmutige Füße und ist sehr sensibel.“ Ob sich eine der Frauen darin wiederfinde? Dass diese Merkmale einer Überprüfung standhalten, machte die Magdeburgerin deutlich. Und da nicht jeder die Märchen von der Prinzessin auf der Erbse und Aschenputtel noch so deutlich in den Ohren klingen, verwandelte die Pädagogin die Bühne in ein Märchenschloss – was bei Prinzessinnenbildern, Blumen und einem gemütlichen roten Sessel kaum Probleme bereitete.
Viel Gesprächsstoff
„… und wenn sie nicht gestorben sind, hat sie der Prinz schon längst in die Wüste geschickt, denn mit so einer Zicke kann keiner zusammenleben.“ Eigentlich schien die Erbsenprinzessin eine ziemlich empfindliche Mimose zu sein, stellte nicht nur Bettina Becker fest. „Aber wie kann man sensibel und feinfühlig sein, ohne gleich als egoistische, unerträgliche Mimose zu gelten? Schwach sein, ohne zum unterwürfigen Aschenputtel zu werden?“ So verlas sie die berührende Geschichte der Grimm-Brüder zu Aschenputtel und es zeigte sich: Unterschiedlicher hätten die Märchen gar nicht sein können. Wagnisse eingehen, wie einst Aschenputtel. Sich verletzlich zeigen, Sehnsüchte und Träume zu haben und zu vertrauen – der Weg, eine wahre Prinzessin zu sein. Doch nicht nur durch ihre ausdrucksstarke Sprache, auch durch die vielen kleinen Mitmachspiele zwischendurch, gab sie den Damen genügend Stoff zum Nachdenken.
So kamen die Frauen auch noch im Anschluss miteinander ins Gespräch. „Es ist ein Thema, das jede Frau betrifft“, war sich Christine Fendl im Gespräch mit Martina Sandke sicher. „Der Vortrag war sehr ansprechend und mal etwas anderes als der normale Alltag“, erwiderte auch die Köthenerin Sandke, die schon oft die Mensa für derartige Vorträge besuchte.
Für Nicola Hedemann war das Frühstückstreffen eine Premiere, die sie nicht bereute: „Ich kannte hier anfangs niemanden, aber durch die Themen und die aufgelockerte Stimmung kommt man leicht ins Gespräch.“ Auch Schulsozialarbeiterin Erika Wittenberg lobte den regen Meinungsaustausch. „Das Thema ist voll aus dem Leben gegriffen und man kann sich gut damit identifizieren.“ Und die Köthenerin war sich sicher: Jede Frau nehme etwas davon mit nach Hause. Und damit auch wirklich keine der über 200 Frauen den hoheitlichen Vormittag vergisst, gab es für jede ein selbstgebasteltes Krönchen mit – so dass nicht nur die Gedanken den Frauen im Gedächtnis bleiben werden.
