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Todesfall nach Streit mit Flüchtlingen Todesfall nach Streit mit Flüchtlingen: Haseloff lobt die Reaktion der Köthener

Von Hagen Eichler 10.09.2018, 13:15
Eine Frau hält bei dem Trauermarsch dieses Schild nach oben.
Eine Frau hält bei dem Trauermarsch dieses Schild nach oben. MZ

Magdeburg/Köthen - Nach dem Tod eines 22-jährigen Kötheners in Folge einer gewalttätigen Auseinandersetzung bemüht sich Sachsen-Anhalts Landesregierung, eine Eskalation wie in Chemnitz zu verhindern. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) lobte die besonnene Reaktion der Köthener.

Politik und Bürger hätten rasch reagiert, „von Anfang an klar Kante gezeigt“ und sehr verantwortungsbewusst gehandelt, sagte Haseloff am Montag in Berlin. Er betonte, Rechtsradikalismus sei kein ostdeutsches Problem, sondern fordere die gesamte Nation.

Die Bundesregierung zeigte sich empört über die rechtsextremen Proteste am Sonntagabend in Köthen. Dass es „zu offen nationalsozialistischen Sprechchören gekommen ist, auch das muss uns betroffen machen und empören, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) machte für rechtsradikale Parolen in Köthen eine Gruppe von 400 bis 500 Personen aus der rechten Szene verantwortlich, darunter aus Thüringen und Niedersachsen Angereiste. An einer Veranstaltung, die als Trauermarsch angemeldet war, hatten nach Polizeiangaben 2500 Menschen teilgenommen.

Nach dem stillen Niederlegen von Blumen und Kerzen hetzten mehrere Redner die Menge mit rassistischen Reden auf. Einige Köthener hätten applaudiert, andere hätten auch widersprochen, sagte Stahlknecht. „Ich bitte alle besonnenen Bürger, deutlich zu machen, dass so etwas nicht ihr Gedankengut ist.“ Gegen Teilnehmer des Demonstrationszuges wurden zehn Ermittlungsverfahren eingeleitet, unter anderem wegen Volksverhetzung und Körperverletzung.

Nach einem gewalttätigen Streit mit dem späteren Todesopfer Markus B. sitzen zwei Tatverdächtige aus Afghanistan in Untersuchungshaft. Als Todesursache nennt Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) akutes Herzversagen. Zwar habe B. in der Auseinandersetzung Verletzungen erlitten, diese seine jedoch nicht verantwortlich für den Tod. Die Ermittlungen würden „in alle Richtungen“ geführt.

Tödliche Auseinandersetzung in Köthen: Sachsen-Anhalts Innenminister sieht kein Versäumnis der Behörden

Beide Afghanen waren als Minderjährige ohne Begleitung nach Deutschland gekommen. Einer besitzt eine Aufenthaltserlaubnis, der andere ist lediglich geduldet und sollte bereits am 24. April abgeschoben werden. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau verhinderte das jedoch: Sie wollte erst drei Ermittlungsverfahren gegen den Mann vorantreiben, darunter eines wegen gefährlicher Körperverletzung. Am 23. August bemühte sich der Landkreis erneut um eine Abschiebung. Dieses Mal, zwei Tage vor dem tödlichen Zwischenfall, stimmte die Staatsanwaltschaft zu.

Innenminister Stahlknecht sagte, „nach Aktenlage“ sei kein Versäumnis der beteiligten Behörden zu erkennen. „Der Landkreis hat getan, was zu tun ist.“ Justizministerin Keding betonte, wenn die Staatsanwaltschaft einer Abschiebung zustimme, werde die Verurteilung dieser Person unmöglich. Der Staat müsse daher genau abwägen, wann er auf seinen Anspruch auf Strafverfolgung verzichte.

Unterdessen bereiten sich die Behörden auf neue Kundgebungen und Aufzüge vor. Das Land habe Unterstützung aus anderen Bundesländern angefordert, sagte Innenminister Stahlknecht. Man werde eine höhere dreistellige zahl von Beamten im Einsatz haben, darunter einen Wasserwerfer und berittene Polizei. Für 18 Uhr haben Rechtsextreme zu einem Marsch in Köthen aufgerufen. (mz)

In einer früheren Fassung des Textes schrieben wir, dass Rechtsextremisten am Montagabend einen Marsch um 19 Uhr angekündigt haben. Das stimmt nicht. Die Rechtsextremisten wollen um 18 Uhr marschieren. Um 19 Uhr hat die AfD zu einem Trauermarsch aufgerufen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.